Militärforschung
  Ukraine-Krieg 2.0 - 31. Update
 

Ukraine-Krieg 2.0 – Update 31 vom 28. März (D+31)

Gerhard Piper

Lageentwicklung

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen (CDU), hat US-Präsident Joe Biden für dessen Satz verteidigt, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nicht im Amt bleiben könne:

„Die Staatengemeinschaft hat ein Interesse daran, dass das wichtige Land Russland von einer Person regiert wird, auf die sich die Menschen verlassen können. (…) Der Satz Bidens spiegelt nur die Tatsache wider, dass Russland unter Putin jegliche Glaubwürdigkeit verspielt hat, nachdem dieser die wichtigsten völkerrechtlichen Grundlagendokumente verletzt hat. (…) Der Satz Bidens ist doch Ausdruck der Forderung, dass Putin für seine Aggression gegenüber der Ukraine und die begangenen Kriegsverbrechen vor ein internationales Gericht gestellt wird.“

Während die einen meinen, ein „regime change“ sei für das russische Volk eine „regime chance“, sehen dies andere skeptischer. Prof. Dr. Carlo Masala, Politologe an der Bundeswehr-Universität München, äußerte sich kritisch zur Frage eines vom „Westen“ initiierten „regime change“ in Moskau:

„Man sollte nicht auf Regimechange in Moskau abzielen. (…) Was wir alle nicht wissen ist, welche zentrifugalen Kräfte dann in Russland ausgelöst werden. Wir können nicht darauf hoffen, dass Russland dann so wie die Sowjetunion einfach gewaltfrei implodiert. Sondern das Potential einer Explosion ist da." (https://www.stern.de/politik/ausland/ukraine-podcast/podcast--ukraine---die-lage---militaerexperte---potential-einer-explosion-ist-da--31727146.html)

Der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident Arkadi Dworkowitsch, einst die rechte Hand von Präsident Medwedew und jetzt Chef des Weltschachbundes, prangerte Putins Politik an und verlegte die nächste Schacholympiade von Russland nach Indien. (https://www.spiegel.de/ausland/russland-warum-die-reichen-russen-die-verlierer-von-putins-krieg-sind-a-70fa9bda-fa9c-4de2-b873-1a901b3a64bd)

Zustand der „Roten Armee“

Schon vom ersten Kriegstag (24. Februar) an soll es in der Grenzregion Belogorod zu Desertationen gekommen sein.

Bei dem zwölf Nationalgardisten, die den Kriegsdienst verweigert haben, handelt es sich um Angehörige der Bereitschaftspolizei OMON (Otrjad Mobilny Ossobowo Nasnatschenija, dt.: Mobile Einheit besonderer Bestimmung) in Krasnodar. Betroffen ist die Kompanie „Plastun“. Die Gruppe der Kriegsdienstverweigerer wird vom Zugführer Hauptmann Farid Tschitaw angeführt. Die Nationalgardisten legten gegen ihre Kündigung Klage ein. In der Begründung der Klage geht der Anwalt Tschikow sogar so weit, Putins Krieg für illegal zu erklären: „Das illegale Überschreiten der Staatsgrenze stellt für sich genommen eine Straftat nach Artikel 322 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation dar. Und die illegale Einreise auf das Territorium der Ukraine als Teil einer bewaffneten Gruppe bildet eine Reihe von Straftaten gemäß dem Strafgesetzbuch der Ukraine." (https://www.stern.de/politik/ausland/kriegsverweigerung-in-nationalgarde--der-kampf-gegen-die-eigene-truppen-31734392.html)

Truppenaufmarsch:

Russen: Die Russen haben die im Raum Kalinkawitschy bei Masyr (Belarus) dislozierte Raketeneinheit mit neuen Flugkörpern vom Typ ISKANDER ausgerüstet. (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-news-am-montag-erneut-braende-in-der-sperrzone-von-tschernobyl-a-56f36628-18a4-43a7-831e-ba48f17a6230) Der Name der Einheit wurde nicht genannt. Möglicherweise gehört sie zur 103. Raketenbrigade oder zur 197. Raketenbrigade.

Die Zustände innerhalb der russischen Truppen zeitigen gravierende Folgen. So konnte die Ukrainer nun in einem Waldstück bei Kiew eine Anlage des russischen Systems KRASUCHA-4 erbeuten, das dort verlassen, kaum beschädigt und kaum getarnt einfach rumstand. Bei KRASUCHA-4 handelt es sich um ein Waffensystem der Elektronischen Kampfführung (EloKa). Es kann im Umkreis von 300 km GPS-Daten stören, gegnerische Radaranlagen blockieren und feindliche Drohnen orten, damit diese vernichtet werden können. Das System ist in einem Container auf einem Lkw (8 x 8 ) montiert. Es wurde ab 2010 bei den Streitkräften eingeführt.

Diese Kriegsbeute wird nun nach Ramstein ausgeflogen und von dort in die USA versandt. Dort werden die Technikexperten der CIA die Fähigkeiten und Charakteristika der russischen HighTech-Waffe im Rahmen der „foreign material exploitation“ auswerten. So könnten die US-Experten beispielsweise Sicherheitslücken in der Software des Systems finden und zukünftig ausnutzen. Außerdem könnten einzelne Komponenten wie die Verkabelung den westlichen Experten vieles darüber erzählen, wie es tatsächlich um die russischen Fähigkeiten im Bereich der elektronischen Kriegsführung bestellt ist, Vermutlich konnten die ukrainischen Soldaten mit dem System auch russische Krypto-Unterlagen erbeuten. (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91900764/russische-armee-verliert-offenbar-hightech-system-usa-freuen-sich.html)

Ukrainer: Wie jetzt bekannt wurde, hat die kleine Sondereinheit „Aerorozvidka“ unter dem Kommando von Jaroslaw Hontschar den großen, russischen Militärkonvoi tagelang vor Kiew aufgehalten, indem sie nachts gezielt aus Hinterhalten angriffen. Hontschar berichtete: „In der ersten Nacht zerstörte diese eine kleine Einheit zwei oder drei Fahrzeuge am Kopf der Kolonne und danach steckte der ganze Zug fest. (…) Unsere Leute blieben dann noch zwei weitere Nächte und zerstörten viele weitere Fahrzeuge." Ausgestattet waren die etwa 30 Kämpfer nur mit Nachtsichtgeräten, Scharfschützengewehren, ferngezündeten Minen sowie Drohnen, die 1,5 Kilogramm schwere Bomben fallen lassen können. Ihren Zielen näherten sich die Aerorozvidkadas auf Quads. Nach Angaben Hontschars war seine Spezialeinheit auch an der Verteidigung des Flughafens von Hostomel nordwestlich von Kiew am ersten Kriegstag beteiligt und half, den Angriff russischer Fallschirmjäger abzuwehren. Mit ihren Drohnen hätten die Aerorozvidkadas etwa 200 russische Soldaten am Ende des Rollfelds lokalisiert und bombardiert.

Dabei ist Aerorozvidka weniger eine Militäreinheit, sondern vielmehr eine Art militärische Start-up-NGO. Sie bildete sich nach der Maidan-Revolution 2014 und besteht vor allem aus IT-Studenten, Ingenieuren und Softwareentwicklern. Kommandeur Hontschar war früher Soldat, wurde dann IT-Berater für Unternehmen und ging 2014 zurück zur Armee. Trotz ihrer Anbindung an die Armee sind die Aerorozvidka-Mitglieder weitgehend auf sich gestellt: Sie finanzieren sich vor allem über Spenden und nutzen persönliche Kontakte, um an Bauteile für Drohnen zu kommen. Ihre Fluggeräte entwickelt die Einheit nämlich weitgehend selbst. Hilfe bekommt sie inzwischen auch von IT-Unternehmer Elon Musk, der gestattet hat, seine STARLINK-Satelliten zu nutzen. Damit können sich die Ukrainer schnell und zuverlässig über die Standorte russischer Einheiten austauschen. „Wir sind wie ein Bienenschwarm“, sagt Jaroslaw Hontschar. „Eine Biene ist nichts, aber Tausende können auch einen großen Gegner besiegen.“ (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91912928/wie-30-ukrainer-den-russischen-konvoi-vor-kiew-stoppten.html)

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte seine Landsleute vor einer Kollaboration mit dem Feind: In einer Videoansprache wandte er sich in der Nacht zum Montag „an diese phänomenalen Dummköpfe“, die mit den russischen Militärs zusammenarbeiten wollten: „Ich möchte darauf hinweisen, dass sie (gemeint sind die Russen, G. P.) selbst die eigenen Leute abstoßen. Was machen sie dann mit fremden Verrätern?“ Er forderte die möglichen Verräter auf, nachzudenken. „Aber ich weiß, dass solche Leute über nichts nachdenken, (…) sonst wären sie nicht zu Verrätern geworden.“ (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-news-am-montag-erneut-braende-in-der-sperrzone-von-tschernobyl-a-56f36628-18a4-43a7-831e-ba48f17a6230)

Auch die ukrainischen Truppen erhalten Unterstützung aus dem Ausland: So haben Belarussen, darunter mehrere Veteranen der weißrussischen Streitkräfte, das „Kastus-Kalinouski-Bataillon“ mit mehr als 200 Kriegsfreiwilligen aufgestellt. Das Bataillon ist benannt nach Kastus Kalinouski, der im 19. Jahrhundert die belarussischen Aufstände gegen Russland anführte. Die führende belarussische Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja unterstützt das Bataillon öffentlich. Die Kämpfer tragen ukrainische Uniformen. Dieses Bataillon stärkt allein schon durch seine bloße Existenz die belarussische Oppositionsbewegung und erhöht das Risiko für das belarussische Regime, sollte sich Alexander Lukaschenko für einen Kriegseintritt entscheiden. (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91906220/krieg-bataillon-aus-belarus-soll-sich-der-ukraine-angeschlossen-haben.html)

Gefechte:

Trotz des von den der russischen Militärs angekündigten „Strategiewechsels“ gehen die Kämpfe im ganzen Land unverändert weiter. Die Russen versuchen das Land in die Steinzeit zurück zu bomben, indem sie gezielt die Infrastruktur und industrielle Basis der Ukraine zerstören. Übrigbleiben soll nur ein verarmter und entvölketer Agrarstaat. Präsidentenberater Mychajlo Podoljak erklärte am Samstag: „Die Russen haben keine Sprache, keinen Humanismus und keine Zivilisation mehr. (…) Nur noch Raketen und Bomben, um die Ukraine möglichst von der Landkarte auszuradieren.“ Aber Kriegsbeobachter vermuten, dass die ukrainischen Truppen bald in der Lage sein werden, zu größeren Gegenoffensiven anzutreten, um die Russen aus dem Land zu schmeißen.

Mehrere ukrainische Städte sind am Sonntagabend erneut Ziel russischer Luftangriffe geworden, u. a. wurden die Hauptstadt Kiew sowie Luzk, Riwne und Kharkiw von mehreren schweren Explosionen erschüttert. In Luzk im Nordwesten der Ukraine wurde am Abend ein Treibstoffdepot getroffen. Zuvor war in allen Regionen des Landes Luftalarm ausgelöst worden.

Die europäische Justizbehörde Eurojust in Den Haag (Niederlande) hat zusammen mit Polen, Litauen und der Ukraine ein internationales Ermittlerteam zur Aufklärung der Kriegsverbrechen in der Ukraine aufgestellt. Eurojust wird das Team rechtlich, finanziell und analytisch unterstützen sowie auch die Verbindung zu anderen internationalen Ermittlungen koordinieren. Angesichts der Kriegsverbrechen soll ein britischer Experte die Justiz in Kiew beraten. Die britische Regierung hat dafür den ehemaligen Richter des Internationalen Strafgerichtshofs, Howard Morrison, ausgewählt. Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa zeigte sich erfreut über die Unterstützung.

- Kiew:

Die Ukrainer haben um ihre Hauptstadt drei Verteidigungsringe gezogen, gegen die die Russen immer wieder anrennen. Zur Zeit erfolgen Angriffe im Nordwesten und Osten der Hauptstadt.

- Kiew-Umgebung:

Vor allem nordöstlich von Kiew versuchen ukrainische Truppen teils sehr erfolgreich, in die westliche Flanke der russischen Offensive zu fallen und damit die russischen Versorgungslinien zu unterbrechen. Die russischen Streitkräfte mussten zwei verstärkte Bataillone nach schweren Verlusten nach Belarus zurückziehen.

In Irpin - einer Stadt mit mehr als 50.000 Einwohnern etwa 20 Kilometer nordwestlich von Kiew - toben seit Wochen heftige Kämpfe. Die Russen hatten die Stadt mit großer Zerstörung erobert, mussten nun aber offenbar zurückweichen. Auch in anderen Vororten von Kiew wie Browary oder Hostomel läuft eine ukrainische Gegenoffensive.

Die ukrainische Guerillastrategie scheint aufzugehen. Es gelingen immer wieder erfolgreiche Angriffe von kleinen ukrainischen Infanterieverbänden auf russische Panzerkonvois. Die schultergestützten Panzerabwehr- und Flugabwehrwaffen zeigen große Wirkung.

Bei Kämpfen nahe Kiew wurden zwei Hochspannungsleitungen beschädigt, die viele Häuser am rechten Ufer des Dnipro versorgen. Rund 82.000 Menschen sind deshalb ohne Strom, wie die Stadtverwaltung von Kiew berichtet.

- Kharkiw:

In der ostukrainischen Millionenstadt Kharkiw sind seit Beginn der russischen Angriffe nach ukrainischen Angaben fast 1.180 mehrgeschossige Wohnhäuser zerstört worden. Außerdem seien mehr als 50 Kindergärten, fast 70 Schulen und 15 Krankenhäuser vernichtet worden, sagte Bürgermeister Ihor Terechow am Montag. Binnen 24 Stunden hätten die russischen Truppen Kharkiw fast 60-mal mit Artillerie und Mörsern beschossen. Rund 30 Prozent der Bevölkerung hätten die Stadt verlassen. Einige Menschen seien aber auch wieder zurückgekehrt. Kharkiw hatte vor Kriegsbeginn rund 1,5 Millionen Einwohner. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-russland-bringt-neue-raketen-nach-belarus_id_52139887.html)

Ukrainische Truppen sind nach eigener Darstellung zu erfolgreichen Gegenangriffen in der Umgebung der Stadt Kharkiw im Osten des Landes angetreten. Dabei seien russische Truppen am Sonntag aus mehreren Ortschaften verdrängt und in Richtung russischer Grenze zurückgeworfen worden, sagte der regionale Militärchef Oleg Synegubow.

Norden:

- Snowsk:

Die Ukrainer konnten die Grenzstadt (ca. 11.000 Einwohner) zurückerobern. Die zurückweichenden Russen haben eine Brücke über den Fluss Snow gesprengt.

Osten:

- Lutsk:

Der Angriff auf das Öldepot im ukrainischen Lutsk mit einem Marschflugkörper soll aus Richtung Belarus gestartet worden sein. Das berichtet die ukrainische Regionalverwaltung Wolyn. Die Radargeräte hätten die Rakete nicht erkennen können, weil sie in geringer Höhe geflogen sei.

Süden:

- Mariupol:

Bürgermeister Wadym Boitschenko hat die Evakuierung der verbliebenen 160.000 von einstmals 430.000 Einwohnern gefordert, um ihr Leben zu retten. Über die Zahl der Todesopfer in der Stadt gibt es unterschiedliche Schätzungen: 2.000 bis 5.000 Tote. Der „Rest“ wurde vertrieben oder verschleppt. Die Stadt steht kurz vor dem Fall. (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-buergermeister-von-mariupol-fordert-vollstaendige-evakuierung-der-stadt-a-d3fe77c7-0df5-44bc-a9c1-9c7fad098c16)

- Odessa:

Die wichtige Hafenstadt Odessa ist mittlerweile eine Festung, zumal es in der Stadt kilometerlange unterirdische Gänge gibt, die die Verteidiger zur Tunnelkriegführung nutzen könnten. Auf der Seeseite haben die Ukrainer einen Minengürtel errichtet, um eine russische Landeoperation zu erschweren. Russische Kriegsschiffe nehmen diese Minen unter Beschuss, aber momentan scheint ein Angriff unmöglich.

Zivilbevölkerung:

Der Sachschaden in der Ukraine wird derzeit auf 565.000.000.000 Dollar geschätzt. Etwa zehn Millionen Menschen haben nach Schätzungen der Vereinten Nationen ihre Wohnorte verlassen, rund ein Drittel davon ist bereits über die Landesgrenzen geflohen. Seit dem Beginn des Kriegs sind nach Angaben des UNO-Kinderhilfswerks Unicef rund 4,3 Millionen Kinder vertrieben worden, davon 1,8 Millionen in Nachbarländer der Ukraine.

BRD: Die Bundespolizei hat bis Montagvormittag 272.338 Kriegsflüchtlinge registriert. Der Städte- und Gemeindebund hat sich für eine Registrierung aller Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ausgesprochen. „Um die bestmögliche Versorgung, den Zugang zu Gesundheitsversorgung und die Integration in Schule und Arbeit sicherzustellen, ist eine möglichst rasche Registrierung der Kriegsvertriebenen kurz nach ihrer Einreise nach Deutschland notwendig“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Anschließend werden die Flüchtlingen nach dem Königssteiner Schlüssel auf die 16 Bundesländer verteilt. (https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nigsteiner_Schl%C3%BCssel)

Der Berliner Gesundheitssenator Thomas Götz gab bekannt, der Senat nehme nun den Impfstatus der Kriegsflüchtlinge in den Blick. Die Inzidenz von Covid-19 sei in der Ukraine mit 42 Fällen pro 100.000 Einwohner deutlich höher als in Deutschland (5 Fälle). (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-news-am-montag-erneut-braende-in-der-sperrzone-von-tschernobyl-a-56f36628-18a4-43a7-831e-ba48f17a6230)

ABC-Waffen:

- Atomare Waffen / AKWs:

Tschernobyl: Die Agonie um die berühmt-berüchtigte Atomruine Tschernobyl geht weiter: Die diensthabende Schicht in der Nuklearanlage wurde seit dem 20. März nicht mehr ausgetauscht.

Angeblich seien neue Brände in der Umgebung der Anlage ausgebrochen. Die stellvertretende ukrainische Regierungschefin Iryna Wereschtschuk erklärte am 27. März: „In der Sperrzone haben große Brände begonnen, die sehr ernste Folgen haben können.“ Allerdings sei es wegen der russischen Truppen im Moment „unmöglich, die Brände vollständig zu kontrollieren und zu löschen“. Diese Feuermeldung wurde am Montag dementiert. (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-news-am-montag-erneut-braende-in-der-sperrzone-von-tschernobyl-a-56f36628-18a4-43a7-831e-ba48f17a6230) Die russischen Einheiten, die erst am Samstag die Stadt Slawutytsch erobert hatten, sind wieder abgezogen worden.

Die Ukraine hat vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Einrichtung einer speziellen Schutzzone für das Atomkraftwerk Tschernobyl gefordert. Nach den Worten von Wereschtschuk sollte dort eine Sondermission der UN die Kontrolle übernehmen. „Im Sinne der nuklearen Sicherheit stellen die verantwortungslosen und unprofessionellen Aktionen der russischen Militärs eine ernsthafte Bedrohung nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Hunderte Millionen Europäer dar. (…) Daher fordern wir vom UN-Sicherheitsrat unverzüglich Maßnahmen zur Demilitarisierung der Sperrzone des Kernkraftwerks Tschernobyl und die Einsetzung einer speziellen UN-Mission.“ (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-russland-bringt-neue-raketen-nach-belarus_id_52139887.html)

Atomkrieg: Die Angst vor einem Atomkrieg treibt auch die Exilrussen – Oligarchen und Oppositionelle – um, wie „Spiegel-Online“ berichtet:

„Das Hauptgesprächsthema unter vielen Mitgliedern der wirtschaftlichen Elite bei ihren gemeinsamen Abendessen, so haben es mir mehrere Quellen aus deren Umfeld erzählt, ist die Gefahr eines Atomkriegs. Alle sind sich darüber im Klaren, dass Putin seine Entscheidungen allein trifft, dass er niemanden konsultiert, und dass niemand ihn beeinflussen kann – im Gegenteil, er neigt dazu, alle seine Entscheidungen unerwartet zu treffen.

Alle erinnern sich an die berühmte Geschichte aus seiner Kindheit, die Putin schon vor seiner Wahl zum Präsidenten erzählt hat: in dem Gesprächsbuch „Aus erster Hand“. Als Kind jagten er und seine Freunde demnach eine Ratte und trieben sie schließlich auch in die Enge. Doch als die Ratte dem Anschein nach keinen Ausweg mehr hatte, bäumte sie sich auf und ging auf Putin los – sie hatte den Spieß umgedreht und attackierte ihn. Putins Schlussfolgerung war simpel: „Man darf eine Ratte nicht in die Enge treiben.“ Nach Meinung einiger einstiger Oligarchen ist Putin nun selbst wie ein in die Enge getriebenes Tier.““ (https://www.spiegel.de/ausland/russland-warum-die-reichen-russen-die-verlierer-von-putins-krieg-sind-a-70fa9bda-fa9c-4de2-b873-1a901b3a64bd)

USA:

Die US-Streitkräfte verlegen sechs Flugzeuge zur elektronischen Kampfführung (EloKa) nach Deutschland. Die Boeing EA-18G GROWLER gehören zur US Naval Aviation und sind normalerweise auf der NAS Whidbey Island im US-Bundesstaat Washington an der Pazifikküste stationiert. Sie werden nun zusammen mit rund 240 Soldaten auf dem Stützpunkt Spangdahlem AB in Rheinland-Pfalz verlegt, (https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html)

BRD:

Russophilie: Bei den Landtagswahlen im Saarland hat die Russland-affine SPD mit 43,5 Prozent der abgegebenen Stimmen das beste Ergebnis erzielt. Gegenüber 2017 konnten die Sozialdemokraten 13,9 Prozent dazu gewinnen. Hingegen sind die heuchlerischen Putinversteher von der Linkspartei mit 2,6 Prozent abgeschmiert.

Schutzräume: Nachdem die Merkel-Regierung 2007 das Schutzraumprogramm aufgegeben hat, ist die Zahl der Zivilschutzbunker noch weiter abgesunken. In Bayern sind beispielsweise von den einstmals 450 Anlagen noch 150 Objekte vorhanden. (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-news-am-montag-erneut-braende-in-der-sperrzone-von-tschernobyl-a-56f36628-18a4-43a7-831e-ba48f17a6230)

Wirtschaftserwartungen: Die Stimmung unter deutschen Exporteuren ist laut einer Umfrage des Ifo-Instituts infolge des Ukrainekriegs eingebrochen. Der ermittelte Index für die Exporterwartungen stürzte von 17,0 Punkten im Februar auf minus 2,3 Punkte im März ab. Einen stärkeren Einbruch gab bisher nur zu Beginn der Coronakrise im April 2020.

Ölreserve: Die nationalen Ölvorräte sind auf einem extrem niedrigen Stand gefallen. Der Vorrat soll noch für rund 90 Tage, also bis Ende Juni 2022, ausreichen, um Unternehmen und Verbraucher mit Benzin, Öl oder Diesel zu versorgen. Dabei hat die Bundesregierung schon vor Jahrzehnten beschlossen, man wolle sich mit einer strategischen Ölreserve für Krisenfälle wappnen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will Unternehmen, die unter dem Ukrainekrieg leiden, mit Geldern aus dem Corona-Hilfsfond unterstützen. Der sogenannte Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) hat ein Gesamtvolumen von 150.000.000.000 Euro. (https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/staatsfinanzen-robert-habeck-will-offenbar-corona-fonds-fuer-ukraine-krieg-umwidmen-a-8abb19c4-5049-443c-9625-660ce5d80b3b) Er forderte alle deutschen Petro-Unternehmen auf, die Putinsche Rubel-Forderung zu ignorieren und ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber Russland weiterhin in frei konvertierbarer Währung zu begleichen.

Die Bundesländer Niedersachsen und Bayern haben das Tragen oder Zeigen des „Z“-Zeichens (= „Za Pobedu“, dt.: „Für den Sieg“) verboten, diesem Verbot wollen sich Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg anschließen, auch Berlin geht gegen das kriegsverherrlichende Symbol vor. Es sei ein Verstoß gegen Paragraf 140 StGB (Billigung von Straftaten), der mit Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft geahndet wird. NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) teilte mit: „Das ´Z´ als Symbol des Putinschen Faschismus sollte deutschlandweit verboten werden.“ (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-news-am-montag-erneut-braende-in-der-sperrzone-von-tschernobyl-a-56f36628-18a4-43a7-831e-ba48f17a6230) In Würzburg wurde die Mauer der Gethsemanekirche mit dem „Z“-Symbol beschmiert.

Bosnien-Herzegowina:

Der Konflikt zwischen Bosniaken und der serbischen Minderheit im Dreivölkerstaat „BiH“ aus Bosniaken, Kroaten und Serben spitzt sich immer weiter zu. Nach dem Bürgerkrieg in den neunziger Jahren droht nun eine neue Eskalation. Russland könnte hier eine „zweite Front“ gegen die NATO aufbauen, dann droht ein „Stellvertreterkrieg“ zwischen pro-westlichen Bosniaken und den pro-russischen Serben in der Teilrepublik Srpska. Wie das serbische Regionalparlament in Banja Luka im Dezember 2021 beschloss, will man bis Ende Juni aus BiH austreten. Eigentlich wollen die meisten Einwohner von BiH keinen Krieg, aber es ist durchaus möglich, dass die russischen Nachrichtendienste – wie in Montenegro – eine Destabilisierungsoperation durchführen.

Türkei:

Die türkische Marine hat erneut eine Seemine in ihren Gewässern entdeckt. Die Mine treibe im Schwarzen Meer vor der Küste des Ortes Igneada, nahe der bulgarischen Grenze. Minentaucher würden sie entschärfen.

Russland:

Zensur: Die russischen Behörden haben den Radiosender „Deutsche Welle“ mit Sitz in Bonn und Berlin zur ausländischen Agentenorganisation erklärt. Damit ist die „DW“ die Nummer 119 im russischen Medien-Agentenregister. Bereits Anfang Februar war das Korrespondentenbüro der Deutschen Welle in Moskau geschlossen und ein Sendeverbot erteilt worden. Die „DW“ wird aus dem Bundeshaushalt finanziert und gilt als Träger der „auswärtigen Kulturpolitik“ der Bundesrepublik Deutschland.

Die Tageszeitung „Nowaja Gazeta“, im letzten Dezember noch mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, musste heute ihr Erscheinen (vorübergehend) einstellen.

Sanktionen: Über die Oligarchen und Apparatschiks berichtet Michael Sygar auf „Spiegel-Online“:

„Sie haben sich ins Ausland abgesetzt, viele haben den Zugriff auf ihr Geld verloren – aber aus Angst vor Schauprozessen kehren einige lieber nicht nach Moskau zurück. Die Elite ist im Schockzustand: Sie traut Putin alles zu. (…

„Man kann nichts tun, man muss abwarten, bis sich der Rauch verzogen hat“, sagt mir ein Mitglied der Forbes-Liste der 200 reichsten Russen. Er glaubt, dass er wie viele seiner Schicksalsgenossen zwischen zwei Stühlen sitzt: Einerseits kann er wegen der Sanktionen nicht mehr im Westen leben, andererseits ist auch eine Rückkehr nach Russland fast unmöglich. Die Geschäftsleute, die in Europa gelebt haben, werden in Moskau als Verräter angesehen, und es gibt für sie keinen Weg zurück. (…)

Die meisten der gemeinhin als russische Oligarchen bezeichneten Personen befinden sich heute in Moskau oder in Tel Aviv – den beiden Orten, an denen sich die einst reichen Russen am ehesten noch sicher fühlen können. Allerdings sind sie keine Oligarchen in dem Sinne, dass sie über politische Macht verfügen würden – und sie waren es wahrscheinlich auch nie. (…) Die Reichen hatten in Putins Russland nie wirkliche Macht, und jetzt verfügen sie nicht einmal mehr über das Geld, das Putin ihnen zugeführt hat. Manche der neuen Emigranten in Israel nennen die ehemaligen Oligarchen scherzhaft „neue Bettler“, (…).

Und jetzt, nach dem gescheiterten Krieg, könnten sich solche Schauprozesse durchaus als neue Form der Unterhaltung erweisen, die Putins Fernsehen seinen Zuschauern bieten wird. Diese Aussicht ist für viele ehemalige Angehörige der wirtschaftlichen Elite ein Grund, nicht nach Russland zurückzukehren – auch wenn einige von ihnen im Westen den Zugriff auf ihr Geld verloren haben.“ (https://www.spiegel.de/ausland/russland-warum-die-reichen-russen-die-verlierer-von-putins-krieg-sind-a-70fa9bda-fa9c-4de2-b873-1a901b3a64bd)

Aber auch die russische Opposition wird durch die Sanktionen getroffen: Das kritische Medienunternehmen „Meduza“, das längst seinen Sitz im Exil in Riga (Lettland) hat, kann aus Russland keine Spenden mehr erhalten, weil „Visa“ und „Mastercard“ ihre Tätigkeit im Land eingestellt haben. Fast alle russischen Emigranten, die das Land wegen des Krieges verlassen hatten, fanden sich im Ausland ohne Geld wieder – ihre Kreditkarten funktionierten plötzlich nicht mehr.

Russland will sinkende Erdöl-Lieferungen in europäische Länder durch Exporte nach Asien ersetzen. Es gebe auch einen Markt in Südostasien, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Aserbaidschan:

Die russische Regierung wirft der aserbaidschanischen Regierung in Baku einen Bruch des Waffenstillstands in der Exklave Nagorny-Karabach vor, die von der der armenischen Minderheit bewohnt wird. Die Aseris hätten bei Furuch vier Drohnenangriffe durchgeführt. Besorgnis gibt es auch über eine erneute Unterbrechung der Gasversorgung für die Bevölkerung in Berg-Karabach.

Mehrere Medien hatten zuletzt vermutet, dass Russland Soldaten aus Karabach abgezogen habe, um sie im Krieg in der Ukraine einzusetzen. Dies wiederum habe die Lage im Südkaukasus destabilisiert. Russland bestätigte das bislang nicht. Aus dem Verteidigungsministerium in Moskau hieß es nun, die russischen „Friedenstruppen“ in der umstrittenen Region versuchten, die Situation zu lösen. (https://www.stern.de/politik/ausland/russland-wirft-aserbaidschan-in-berg-karabach-bruch-des-waffenstillstands-vor-31734834.html)