Militärforschung
  U-Boote mit Kommafehler
 

Spanien: U-Boote der Isaac Peral-Klasse mit Kommafehler

Gerhard Piper

11. März 2021

Das U-Boot S-81 Isaac Peral soll in den nächsten Wochen vom Stapel laufen. Dies wurde auch Zeit: Die Entwicklung des Bootes dauerte fast vierzig Jahre. Allein die Bauzeit nahm 15 Jahre in Anspruch. Gründe für die Verzögerung gab es viele, u. a. beging ein Schiffbauingenieur einen fatalen Kommafehler.

Heimathafen Cartagena

Die Stadt Cartagena an der spanischen Mittelmeerküste wurde schon in der Antike besiedelt.[1] Die Römer schätzten den durch zwei Bergzüge geschützten Hafen, die reichen Silberminen im benachbarten La Unión und die Salzwasserlagune Mar Menor, die schon damals ein Heilbad für Haut- und Gelenkkrankheiten war. Ein antikes Amphitheater zeugt noch von der Größe der antiken Siedlung. Aber die Silberminen sind längst erschöpft. Abwasser aus der Industrie und der industriellen Landwirtschaft in der „Comarca Campo de Cartagena“ sowie der Boom des Massentourismus in den achtziger und neunziger Jahren mit seinen ökologischen Folgen haben das Mar Menor zu einer verschlammten Kloake verkommen lassen. Von San Javier über Los Urrutias bis La Manga kann man die Badestrände nicht oder bestenfalls mit Vorsicht nutzen. Was 2000 Jahre nachhaltiger Nutzung ermöglichte, die Raffgier korrupter und unfähiger Regionalpolitiker der christdemokratischen Partido Popular (PP) oder der sozialdemokratischen Partido Socialista Obrero Español (PSOE) haben dies in zwanzig Jahren erschöpft.

Geblieben ist der geschützte Hafen. Im „Arsenal Cartagena“ ist heute das Hauptquartier der Mittelmeerflotte der spanischen Marine stationiert. Hier sind u. a. mehrere Patrouillenboote der Descubierta-Klasse, sechs Minensucher der Segura-Klasse sowie die beiden letzten Boote der spanischen U-Boot-Flotte, Galerna und Tramontana, disloziert.[2] Die unterirdischen U-Boot-Bunker befinden sich im Hügel am Südufer des Hafenbeckens. Aber die vorhandenen U-Boote sind längst in die Jahre gekommen. Ein Nachfolgemodell ist überfällig, dazu ist Cartagena mit der Werft „Navantia“ einer der drei großen Schiffsbaustandorte in Spanien. Kommandeur des Marinearsenals Cartagena (Almirante Jefe del Arsenal Militar de Cartagena - ALARCART) ist seit dem 6. Februar 2020 der frühere U-Boot-Kommandant Vizeadmiral Pedro Luis de la Puente García-Ganges.[3]

Spanischer Eigenbau?

Die gegenwärtigen Jagd-U-Boote der Galerna-Klasse sind ein spanischer Lizenzbau der Agosta-Klasse des französischen Herstellers „Direction des Constructions Navales“ (DCNS; jetzt: „Naval Group“). Die vier Boote (S-71 Gelarna, S-72 Siroco, S-73 Mistral und S-74 Tramontana) waren in der ersten Hälfte der achtziger Jahre auf der „Navantia“-Werft in Cartagena gefertigt worden.

Im Gegensatz zu diesen Booten wollten die Spanier zur Befriedung ihres Nationalstolzes diesmal eine U-Boot-Klasse weitestgehend in eigener Regie konstruieren und bauen. Im Prinzip wäre das möglich gewesen, schließlich war es der spanische Ingenieur und Kapitänleutnant Issac Peral y Caballero (* 1851 in Cartagena -+ 1895 in Berlin), der das erste U-Boot konstruierte: Die Zigarren-förmige Peral hatte eine Länge von ca. 21 m und besaß zwei Motoren von jeweils 30 PS. Das Boot wurde von 1888 bis 1890 getestet, dabei wurde u. a. drei Torpedos abgefeuert. Seine ambitionierten Pläne wurden damals nicht unterstützt und das Projekt eingestellt. Das erste U-Boot ist heute noch existent und in der Parkanlage im Hafen von Cartagena ausgestellt.[4]

Angesicht der ambitionierten Neubaupläne S80 waren die Spanier von ihrer eigenen, technologischen Großartigkeit wie berauscht:

 

„El programa S80 es el primer submarino con diseño completamente español, ya que hasta el momento los submarinos que se han construido tenían diseño francés o norteamericano. Este sumergible es el primero con diseño 100% Navantia, y por tanto es un paso adelante en la soberanía de la Defensa nacional y en las capacidades de nuestra industria naval. Sólo los países más avanzados del mundo son capaces de desarrollar un proyecto tecnológico de esta envergadura, por lo que se encuentra en España entre los mejores del sector.

Si para Navantia la ejecución de este ambicioso programa de construcción de submarino es un reto muy exigente, para la industria española no lo es menos; tiene una gran participación en este proyecto, que va a suponer un desarrollo tecnológico de gran magnitud a través de los programas de cooperación industrial, así como la posibilidad de exportación de un producto con un grado de tecnología muy elevado.“[5]

Allerdings kommt Selbsteinschätzung der Spanier einem Nicht-Spanier etwas „spanisch“ vor: Das Führungs- und Waffeneinsatzsystem hat „Lockheed Martin“ in den USA entwickelt. Die Funkanlage stammt z. T. vom deutschen Produzenten „Rohde & Schwarz“. Die Hauptelemente der Sonaranlage werden ebenfalls vom amerikanischen Hersteller „Lockheed Martin“ konstruiert. Die Dieselgeneratoren der Antriebsanlage stammen vom deutschen Hersteller „Motoren- und Turbinen-Union“ (MTU). Die Anti-Schiff-Raketen vom Typ Harpoon lieferte der amerikanische Hersteller „Boeing“. Die Torpedos vom Typ Seehecht sind ein deutsches Produkt.

Wie dem auch sei, jedenfalls gingen die Spanier zunächst freudig ans Werk. Im Nachhinein kritisierte Fregattenkapitän Alonso Carrasco Santos in der „Revista general de Marina“ vom Januar 2020 den eigenen rüstungspolitischen Übermut:

 

„Diese Entscheidung war meiner Meinung nach riskant, wenn auf eine Werft gesetzt wurde, die eher Erfahrung im Bau von Überwasserschiffen nachweisen kann, aber wenig Erfahrung darin hat, eine solch komplizierte Aufgabe wie der Herstellung solch komplexer Systeme zu bewältigen, zumal ohne die Unterstützung eines Technologiepartners. Ich glaube, dass sowohl die Marine als auch Navantia vom Optimismus über den Erfolg des Scorpène-Programms (in den achtziger Jahren von „Navantia“ gefertigtes Exportmodell mit französischer Beteiligung für die Marinen Chiles, Indiens und Malaysias, G. P.) mitgerissen wurden und die Werft ihr tatsächliches Potenzial als alleiniger Erbauer und Konstrukteur dieses Projektes – indem man die Franzosen außen vor ließ - nicht kritisch genug eingeschätzt hat.“[6]

U-Boot-Klasse „Isaac Peral“

Die Entwicklung der S80-Klasse dauerte von 1997 bis 2003. Die Bootsklasse soll vier Einheiten umfassen:

S-81 Isaac Peral wurde 2005 auf Kiel gelegt

S-82 Narciso Monturiol wurde 2007 auf Kiel gelegt

S-83 Cosme Garcia wurde 2009 auf Kiel gelegt

S-84 Mateo Garcia de los Reyes wurde 2010 auf Kiel gelegt

Die Stammbesatzung besteht aus 32 Matrosen (6 Offiziere, 13 Unteroffiziere und 13 Mannschaftsdienstgrade). Außerdem kann das U-Boot 8 Kampfschwimmer einer Kommandoeinheit (1 Estol de la Unidad de Guerra Naval Especial (GNE) aus La Algameca Chica) zu ihrem Einsatzort befördern.[7]

Gemäß dem „Plan Alta Mar“ (PAM) strebte die sozialdemokratische Regierung Ende der achtziger Jahre eine hochseegängige, schlagkräftige Flotte an. In diesem Zusammenhang wurde geplant, dass zwei U-Boote gleichzeitig im Einsatz sein sollten: Eines für einen Einsatz im Mittelmeer, eines für eine 30-tägige Operation weiter entfernt im Atlantik (Entfernung ca. 1.000 Seemeilen). Das Missionsspektrum umfasste folgende Aufgaben:

 

„S-80 missions include the following tasks:

- Projection of the naval power ashore.

- Special Naval Warfare.

- Protection of a Landed Force.

- Surveillance (Indication & Warning).

- Protection of a Naval Force.

- Deterrence.“[8]

Ursprünglich war die Beschaffung von sechs bis acht Einheiten geplant, aber davon hat man längst Abstand genommen.[9]

Ursprünglich war auch an einen Export der Boote (Norwegen, Niederlande, Indien, Thailand, Australien) gedacht worden, um die Kosten zu drücken, doch angesichts der Entwicklungs- und Fertigungsprobleme ist bisher kein einziger Verkauf zu Stande gekommen.

- Schiffsmaße der S80-Klasse „Isaac Peral“

Länge: 71,05 m über alles    
Länge des Rumpfes: 51,76 m          
Breite (Rumpfhülle): 11,68 m
Durchmesser (Innenraum): 7,3 m    
Tiefgang: max. 6,20 m          
Verdrängung über Wasser: 2.200 t  
Verdrängung unter Wasser: 2.426 t 
Tauchtiefe: mind. 400 m       
Geschwindigkeit aufgetaucht: mehr als 12 Knoten 
Geschwindigkeit getaucht: mehr als 19 Knoten      
Geschwindigkeit getaucht (nur AIP): mehr als 4 Knoten

Das alte „Datenblatt“ der S80-Klasse ist mittlerweile auf der Webseite der Werft nicht mehr verfügbar: „Pagina no encontrada“.[10] Nichts soll mehr auf den alten Planungsfehler hinweisen.

Vorne im Boot befindet sich der Torpedoraum. Dahinter folgen die Mannschaftquartiere und darunter der Batterieraum. Danach folgt die Kommandozentrale unterhalb des Turmaufbaus. Im rückwärtigen Teil ist die AIP-Anlage (= Air Independent Propulsion) mit ihren Brennstoffzellen eingebaut, dahinter befinden sich die Diesel und schließlich der Elektromotor.

Ursprünglich wurden die Kosten für die Beschaffung von vier U-Booten mit 2,2 Milliarden Euro (= 2,9 Milliarden US-Dollar) veranschlagt.

- Rechenfehler mit Folgen

Erst acht Jahre nach Baubeginn stellte man Anfang Mai 2013 - kurz vor dem damals geplanten Stapellauf des ersten Bootes - fest, dass einer der an der Konstruktion der Boote beteiligten Schiffsbauingenieure sich verrechnet hatte, ohne dass dies zuvor irgendwann irgendjemandem aufgefallen wäre. Es war kein großer Fehler, lediglich ein Komma war falsch gesetzt worden. Allerdings war dies kein bloßer grammatikalischer Fehler in einem Schreibtext,, sondern ein gravierender Fehler in einer mathematischen Berechnung. Im Dezimalsystem bedeutete dies eine Verrechnung um den Faktor Zehn. Die Folge war, dass jedes U-Boot schätzungsweise 70 bis 100 Tonnen zu schwer wurde. Die Folge davon wäre wiederum gewesen, dass man mit den U-Booten zwar gut abtauchen, aber nicht wieder auftauchen könnte.[11] Das wäre dumm gewesen, vor allem für die Besatzung.

Zunächst verhängte die Regierung einen Baustopp, der wiederum zu einem Streik der Werftarbeiter führte, die Angst um ihre Arbeitsplätze hatten.[12]

Am Ende traute die spanische Regierung ihren eigenen Beamten und Ingenieuren nicht mehr. So holte man sich Hilfe im Ausland. Die Ingenieure von der „General Electric Boat Company“ in den USA fanden den Fehler und die Lösung: Die U-Boote sollten einfach um zehn Meter verlängert werden, da dies den Innenraum und damit den Auftrieb vergrößern und somit zu einer günstigeren Gewichtverteilung führen würde. Aber natürlich bedeutete die Verlängerung um ca. 14 Prozent ein noch höheres Gewicht. Außerdem stellt sich die Frage, womit diese zehn Meter ausgefüllt sind, da die Schiffsmeter davor und dahinter ja alle technischen Einrichtungen haben, die ein U-Boot benötigt, um seetauglich zu sein. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Verlängerung auf die Trimmung, das Tauchverhalten und die Geschwindigkeit des Bootes auswirken wird.

Jedenfalls wurde der Plan von General Electric umgesetzt. Man schnitt die fast fertiggestellten U-Boote auseinander, fügte an drei Stellen eine insgesamt zehn Meter lange Röhre ein und schweißte die Stücke vorne und hinten mit vorhandenen Rumpfstücken zusammen. In der Praxis war das alles nicht so einfach, wie auf dem Papier. Man musste ja nicht nur die Rumpfhülle vergrößern, sondern auch alle Platten, Gestänge, Röhren und Kabel verlängern. Dazu mussten die Zwischenkabel vorne und hinten mit den richtigen Kabeln wieder verbunden werden. Es wäre ungünstig, wenn durch eine falsche Kabelverbindung das Steuerkabel für eine Schiffsbewegung nach links das Boot nach rechts lenken würde, etc.. Diese Problematik wurde noch dadurch multipliziert, dass die Verlängerung nicht in einem Stück, sondern in drei Segmenten eingepasst wurde – ein Teil vor dem Turm und zwei dahinter, sodass manche Schweißnaht gleich sechsmal ausgeführt werden mussten. Diese viele Arbeit kostete rund 45 Millionen Euro pro Boot.

Außerdem berechnete „General Dynamics“ für seine Arbeit der spanischen Marine weitere 14 Millionen Euros für „asesorará a Navantia en el problema del submarino con sobrepeso“.[13] So kostete das falsche „,“ – nach amtlichen Angaben - knapp 200 Millionen Euro.

Die „tageszeitung“ berichtete 2013 zu dem Debakel:

 

„Offiziell schweigen sich die konservative Regierung von Mariano Rajoy und die Armee bisher zur Panne aus. „Off the record“ versuchen „Stimmen aus Regierungskreisen“ der spanischen Wirtschaftspresse der ganzen Lappalie einen positiven Aspekt abzugewinnen. Eine Verzögerung um zwei Jahre sei für den Kampf gegen das Haushaltsdefizit gut, denn die Zahlungen würden später fällig, heißt es. Die Rechnung stimmt so nicht. Denn die bisherige U-Boot-Flotte ist veraltet und muss, um bis zur verspäteten Auslieferung der neuen Boote funktionstüchtig zu bleiben, überholt werden.

Wer den Schaden hat braucht bekanntlich für den Spott nicht zu sorgen. „Farbe gut, aber es schwimmt nicht“, machte sich der Abgeordnete der Vereinigten Linken (IU) im spanischen Parlament in einer Fragestunde über die „Isaac Peral“ lustig. Er empfiehlt der Regierung das Produkt spanischer Spitzentechnologie an „den Feind zu verschenken“. Denn „so können wir den nächsten Krieg gewinnen“.“[14]

Wegen der Verlängerung wurde die U-Boot-Klasse umbenannt: aus „S80“ wurde „S80plus“; der Name „Isaac Peral“ blieb gleich.

Zwar wurde durch die Verlängerung der Boote ein Problem gelöst, aber ein neues Problem entstand, wie 2018 erstmals berichtet wurde: Die vorhandenen Docks der spanischen Marine sind für die kleinen U-Boote der S80-Klasse groß genug, für die großen U-Boote der S80plus-Klasse sind sie zu klein. Man kann die U-Boote aber nicht kürzer bauen, da sie sonst wieder zu wenig Auftrieb gehabt hätten, also bleibt nur eine Möglichkeit – man muss die Docks umbauen, um die U-Boote später warten oder reparieren zu können. Auch dies kostet nochmal Zeit und Geld – die Rede ist von weiteren 16 bis 17 Millionen Euro für das Dock.

Nachdem der Planungsfehler ausgebügelt war, wollten die Spanier ihren Patzer als großen technologischen Erfolg darstellen: Die U-Boote der Isaac Peral-Klasse seien weltweit die ersten U-Boote mit einer Wasserverdrängung von 3.000 t, die von einem AIP-Antrieb angetrieben werden könnten.[15]

- Schiffsmaße der S80plus-Klasse „Isaac Peral“

Länge: 80,81 m         
Breite (Rumpfhülle): 11,68 m
Durchmesser (Innenraum): 7,3 m    
Tiefgang: max. 6,2 m
Verdrängung über Wasser: 2.695 t  
Verdrängung unter Wasser: 2.996 t 
Tauchtiefe: mind. 400 m       
Geschwindigkeit aufgetaucht: mind. 12 Knoten      
Geschwindigkeit getaucht: ca. 19 Knoten    
Geschwindigkeit getaucht (nur AIP): ca. 4 Knoten  
Besatzung: 32 Matrosen

Erstaunlicher Weise haben nicht alle Soldaten im Hauptquartier der Armada Española die Vergrößerung der Boote in den letzten Jahren zur Kenntnis genommen. So nennt die Webseite der Marine noch die alten Maße, als hätte es ein Problem nie gegeben.[16]

Mittlerweile belaufen sich die Kosten für das Programm auf offiziell 4 Milliarden Euro (= 4,6 Milliarden Dollar), haben sich also gegenüber der anfänglichen Kalkulation fast verdoppelt. Auf diese Weise belastet das Projekt den spanischen Militärhaushalt, der rund 18 Milliarden Dollar (Stand: 2019) beträgt; so verhindert die verunglückte Modernisierung der U-Boot-Flotte die Modernisierung des übrigen, veralteten Schiffsbestand der Marine.

- Führungs- und Sensorausstattung

Der Rumpf wurde aus einem Spezialstahl des Standards HLES 80 gefertigt, der einem Druck bis zu 113.600 psi standhält. Das Führungs- und Waffeneinsatzsystem SUBICS (Submarine Integrated Combat System) hat „Lockheed Martin“ entwickelt und zusammen mit „Navantia“ für die Peral-Klasse angepasst. Die zwölf Kommandokonsolen werden von „Lockheed Martin“ zusammen mit der Werft-eigenen Tochter „FABA Systems“ und „Sainsel Systemas Navales“ entwickelt und gefertigt.[17]

Die SATCOM-Anlage stammt von „Indra“. Die übrigen Funkanlagen lieferte „Rhode & Schwarz“ (München). Dazu gehören die HF-Empfänger XK4150 und EK4100D sowie Verschlüsselungsgeräte des NATO-Standards KY100. Einen Teil der Kommunikationsausrüstung lieferte „Aeromaritime Security Systems GmbH“ im bayerischen Neufahrn. Den Autopiloten (Guidance automation unit distributed intelligence – GAUDI) fertigt „Avio“.

Die Hauptelemente der Sonaranlage (Zylindersonar am Bug, Flankensonar, passives Entfernungsmesssonar, etc.) stammt ebenfalls von „Lockheed Martin“. Die Spanier steuern aus eigener Produktion ein Schleppsonar der amerikanischen Firma „QinetiQ“ bei, das von „S. A. Electrónica Submarina“ (SAES) in Lizenz gefertigt wird.[18] Die Verkabelung lieferte z. T. das deutsche Elektronikunternehmen „Müller“.

Bei der Konstruktion des Bootes wurde viel Wert auf die Tarnung gelegt, so dass das Boot durch seine Geräuschtarnung, seinen geringen Magnetismus und seine geringe elektrostatische Aufladung kaum vom Gegner erfasst und geortet werden kann und stattdessen überraschend zum Angriff kommt.

- Bewaffnung

Allerdings fragt man sich, für welchen Zweck Spanien diese U-Boot-Klasse braucht. Die ursprüngliche Planung sah eine Bewaffnung mit seegestützten Marschflugkörpern vom amerikanischen Typ Raytheon UGM-109 Tomahawk vor. Die Reichweite der Tomahawk mit über 2.500 km unterstrich die Machtansprüche der Armada Española, im globalen Kontext eine größere Rolle spielen zu wollen, zumal die Marschflugkörper zur Bekämpfung von Landzielen dienen. Allein aus Kostengründen hat man sich 2009 entschieden, auf diese „Hauptbewaffnung“ zu verzichten.

Tatsächlich werden die U-Boote „nur“ mit Anti-Schiffs-Raketen vom Typ Boeing UGM-84 Sub-Harpoon Block II ausgestattet. Sie haben einen Sprengkopf mit 227 kg und eine Reichweite von über 120 km.

Im Bug sind sechs Torpedorohre untergebracht, die vom „Babcock“ (USA) mit „Navantia“ produziert wurden. Sie verschießen schwere Torpedos vom deutschen Typ DM2A4 Seehecht, die in Spanien „Merluza“ genannt werden. Die Torpedos wurden von „STN Atlas Elektronik“ in Bremen entwickelt. Sie haben einen Standard-Durchmesser 533 mm und eine Länge von 6,6 m. Der Gefechtskopf besteht aus 260 kg Sprengstoff. Die Torpedos werden aus ihren Rohren ausgestoßen und laufen erst kurze Zeit später an, um eine Ortung des Bootes im Moment des Abschusses zu vermeiden. Die Reichweite der Waffe beträgt über 50 km.

Die Spanier steuern zur Bewaffnung ihrer U-Boote aus eigener Produktion Seeminen MINEA des Herstellers „S.A. Electrónica Submarina“ (SAES) mit Sitz in Cartagena bei. Ihre Sprengladung beträgt über 600 kg. Sie können in einer Tiefe von 5 bis 300 m gezündet werden.

Insgesamt führt ein Boot insgesamt 18 Flugkörper bzw. Torpedos oder maximal 36 Seeminen mit. Wenn die S80plus-Klasse in Dienst gestellt wird, handelt es sich um hypermoderne U-Boote mit einer beschränkten Kurzstrecken-Bewaffnung.

- Antriebsanlage

Das U-Boot wird durch drei Dieselgeneratoren 16V 396 SE 84L des deutschen Herstellers „Motoren- und Turbinen-Union“ (MTU) in Friedrichshafen mit jeweils 1.200 kW angetrieben. Hinzu kommt ein Elektromotor (Permanentmagneterregungs-Synchronmotor) mit einer Leistung von 3.500 kW des spanischen Herstellers „Cantarey Reinosa“.

Während die ersten beiden Boote nur über einen Diesel-Antrieb verfügen, sind die Boote S-83 und S-84 für eine Tauchfahrt mit einer Außenluft-unabhängigen Antriebsanlage (AIP) aus Brennstoffzellen (Polymerelektrolytzellen mit Bioethanol) ausgestattet, die 300 bis 320 kW liefern. Mit dieser komplexen Antriebsanlage können die Boote bis zu 44 Tage lang unter Wasser bleiben. Hersteller der AIP ist „Hynergreen Technologies S.A.“, eine Tochter von „Abengoa“, die das System zusammen mit dem amerikamischen Unternehmen „Collins Aerospace“ entwickelt hat. Konverter der Antriebsanlage lieferte die „Wärtsilä Euroatlas GmbH“ in Bremen.[19]

Die Werft

„Navantia“ ist eine 100-prozentige Tochter der staatlichen Holding „Sociedad Estatal de Participaciones Industriales“ (SEPI). Das Unternehmen wird seit dem 25. Juli 2018 von Susana de Sarriá Sopeña geführt, als Nachfolgerin von Estaban Gardía Vilasánchez.

Die U-Boote der Isaac Peral-Klasse können auf eine lange Entwicklungsgeschichte zurückblicken: Die ersten Vorstudien für eine neue Schiffsklasse wurden von der Werft („astillero“) bereits 1982 eingeleitet. Damals hieß das Unternehmen noch „Bazán“, im Jahr wurde das Unternehmen in „IZAR“ und Anfang 2005 schließlich in „Navantia“ umbenannt. Die Firmenzentrale befindet sich in Madrid. Das Unternehmen verfügt z. Zt. über drei Werftanlagen: Ferrol, San Fernando und Cartagena. Das Unternehmen hat ca. 5.700 Mitarbeiter, der Jahresumsatz liegt bei über 900 Millionen Euro.[20]

Technischer Direktor der Werft in Cartagena ist z. Zt. der Schiffsbauingenieur Germán Romero Valiente. Die Werft in Cartagena besitzt u. a. vier große Werkshallen, zwei Docks und ein Materiallager. Allein auf er „Navantia“-Werft in Cartagena sind rund 2.000 Arbeiter mit dem Bau der Boote beschäftigt, hinzu kommen noch mehrere tausend Arbeitnehmer bei Zulieferbetrieben.[21] Angesichts der Verzögerungen bei der Fertigstellung der Schiffe könnte man völlig zu Recht behaupten, sie haben einen sehr sicheren Arbeitsplatz. Dieser „beschäftigungspolitische“ Aspekt des U-Boot-Projektes wird von der staatlichen Propaganda gerne herausgestellt, um Kritik an der militärischen Kapitalvergeudung im Keim zu ersticken.

Entwicklungsgeschichte

Innerhalb der Marineverwaltung war früher Fregattenkapitän Nicolás Monereo für das S80(plus)-Projekt verantwortlich, mittlerweile ist es Javier del Corral; bei „Navantia“ sind dies Augustín Álvarez Blanco und Ignacio Núñez.[22]

Seit 1982 arbeitete man im Rahmen des „Proyecto Bipartito“ an Überlegungen für die nächste U-Boot-Generation. Nach diesen Vorstudien begann die eigentliche Entwicklungs- und Konstruktionsphase für die Klasse S80 im Jahr 1997 und dauerte bis 2003. Am 2. November 1999 unterzeichneten die Militärbehörde (DAM) und die Werft einen Vertrag zum Entwurf eines Prototypen. Im März 2004 folgte ein Kontrakt (Orden de Ejecución - OE) zum Bau von vier Einheiten. Im Januar 2005 wurde dann mit der S-81 Isaac Peral das Typschiff auf Kiel gelegt. Geplant war eine Fertigstellung in knapp sieben Jahren bis Oktober 2011 und eine in Dienststellung bis Ende 2013. Eigentlich sollten alle vier Boote bis 2019 schon längst in Dienst gestellt sein; Tatsache ist, dass bisher noch kein einziges Boot zu Wasser gelassen wurden.

Nach mehreren Verzögerungen soll nun Ende März oder Anfang April 2021 endlich der Stapellauf („ejecución“) des Typschiffs Isaac Peral erfolgen.[23] Damit hat sich die Bauzeit von sechs auf 15 Jahre mehr als verdoppelt. Mit der verlängerten Bauzeit stiegen auch die Kosten, sie sind mindestens doppelt so hoch wie kalkuliert. Nach der Wasserung folgen die Seetests und nach Abnahme des Bootes ist die Indienststellung für Dezember 2022 vorgesehen. Das letzte der vier Boote soll dann im Jahr 2026, spätestens im Juli 2027 in Dienst gestellt werden.[24] Da die Boote mit der Elektronik der neunziger Jahre ausgestattet sind, sind sie bei Einführung schon veraltet.

Trotz dieses Fiaskos behaupteten die Spanier 2019 frech, beim S80-Projekt sei alles richtig gelaufen:

 

„The program is fully consolidated, technically and programmatically, with the first unit in the final phase of construction to begin the testing and launching phase in 2020. Navantia has thus overcome one oft he greatest engineering challenges in its history, having developed unique capabilities in design and construction of conventional submarines.

According to Navantia, Spain has now joined the select group of countries that have the capacity to design and build submarines.“[25]

Erst am 1. Juni 2020 unterzeichnete die spanische Regierung mit „Abengoa“ einen Kaufvertrag für das AIP-System für das dritte und vierte Boot. Das erste System soll im Juli 2021 ausgeliefert werden. Später sollen das erste und zweite Boot mit dem Antriebsystem nachgerüstet werden, was natürlich zusätzliche Kosten verursacht.

Ursprünglich war geplant, dass die vier U-Boote der Isaac Peral-Klasse die vier alten U-Boote der Galerna-Klasse der Flotilla de Submarinos (FLOSUB) zeitnah ersetzten. Durch die Verzögerung in der Beschaffung der neuen U-Boot-Klasse mussten bereits zwei der alten U-Boote ausgemustert werden – S-72 Siroco (ausgemustert 2012) und S-73 Mistral (ausgemustert 2020). Die beiden übrig gebliebenen U-Boote werden über ihr längst geplantes Ende in Dienst gehalten, was zusätzliche Ausgaben für notwendige Wartungs- und Reparaturarbeiten nach sich zog. Allein die vorübergehende Instandsetzung des Rumpfes der Tramontana verschlang 30 Millionen Euro.[26]

Die extrem lange Entwicklungszeit über 40 Jahre von 1982 bis 2022 und die lange Bauzeit von 2005 bis 2022 markiert die perverse Hybris moderner Militärrüstung. Mit den vier U-Booten der S80plus-Klasse schenkt die spanische Regierung ihrer Admiralität ein nettes Spielzeug, mit dem man planschen und sogar tauchen kann. So sollen die hohen Militärs beschäftigt werden, damit sie sich nicht in die staatliche Politik einmischen, keinen Putschversuch unternehmen und keinen zweiten Bürgerkrieg provozieren. Schließlich leitet das spanische Militär – wie die katholische Kirche – seine Bedeutung und Auftrag direkt von Gott ab. Sie sehen sich als die Bewahrer der staatlichen Einheit und Ordnung. Dabei steht ihr überhöhtes Selbstverständnis im krassen Widerspruch zu der militärisch völlig unbedeutenden Rolle, die „Fuerzas Armadas Españolas“ in den letzten hundert Jahren international gespielt haben. Dennoch: Wenn es die hohe Admiralität auch in Zukunft beim „Schiffe versenken“-Spielen belässt, hat sich die Investition in die S80plus-Klasse politisch gelohnt.

Quellen:

[1] https://es.wikipedia.org/wiki/Cartagena_(Espa%C3%B1a)

[2] https://armada.defensa.gob.es/ArmadaPortal/page/Portal/ArmadaEspannola/

conocenosdespliegue/prefLang-es/

[3] www.cartagena.es/detalle_noticias.asp?id=57871

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Isaac_Peral

[5] www.navantia.es/es/productos-y-servicios/submarinos/s80-nueva-generacion/

Eigene Übersetzung:

„Das S80-Programm ist das erste U-Boot mit vollständig spanischem Design, da die bisher gebauten U-Boote ein französisches oder nordamerikanisches Design hatten. Dieses Tauchboot ist das erste mit einem 100%-igen Navantia-Design und daher ein Schritt vorwärts zur Souveränität der nationalen Verteidigung und in den Fähigkeiten unserer Marineindustrie. Nur die fortschrittlichsten Länder der Welt sind in der Lage, ein technologisches Projekt dieser Größenordnung zu entwickeln, so dass Spanien nun zu den besten in diesem Sektor gehört.

Wenn für Navantia die Durchführung dieses ehrgeizigen U-Boot-Bauprogramms eine sehr anspruchsvolle Herausforderung darstellt, gilt dies genauso für die spanische Industrie. Sie hat einen großen Anteil an diesem Projekt, das wird ein technologischer Fortschritt großen Ausmaßes durch die industrielle Zusammenarbeit, genauso wie durch die Möglichkeit des Exports eines Produkts eines sehr hohen technologischen Standards.“

[6] https://armada.defensa.gob.es/archivo/rgm/2020/01-02/rgm01022020cap08.pdf

[7] www.defensa.com/espana/fuerza-guerra-naval-especial-armada-espanola-cumple-diez-anosl

[8] www.globalsecurity.org/military/world/europe/s-80.htm

[9] https:/de.wikipedia.org/wiki/Isaac-Peral-Klasse

[10] www.navantia.es/ckfinder/userfiles/files/lineas_act/S80_28092011.pdf

[11] https://m.youtube.com/watch?v=AohOrvNY0p0

[12] https://defensanacional.foroactivo.com/t6289-submarinos-espanoles-bajar-bajan-

pero-subir-no-suben

[13] https://ecodiario.eleconomista.es/politica-eD/amp/4890017/La-Armada-pagara-14-millones-
a-la-empresa-de-EEUU-que-asesorara-a-Navantia-en-el-problema-del-submarino-con-sobrepeso

[14] https://taz.de/Spaniens-U-Boot-S-80-Isaac-Peral/!5066774/

[15] https://euro-sd.com/2020/10/headline/19628/navantia-s80-update-at-euronaval/

[16] https://armada.defensa.gob.es/ArmadaPortal/page/Portal/ArmadaEspannola/

buquessubmarinos/prefLang-en/02s80

[17] www.infodefensa.com/wp-content/uploads/S-80.pdf

[18] www.naval-technology.com/projects/ssk-s-80-class-submarine/

[19] www.infodefensa.com/wp-content/uploads/S-80.pdf

[20] www.navantia.es/es/

[21] www.infodefensa.com/wp-content/uploads/S-80.pdf

[22] www.globalsecurity.org/military/world/europe/s-80.htm

[23] www.infodefensa.com/es/2020/11/07/noticia-navantia-supera-primer-seguridad-submarino.html

[24] www.navalnews.com/naval-news/2020/03/navantia-development-of-s80-

submarines-aip-system-completed/

[25] www.navalnews.com/naval-news/2019/09/navantia-reports-on-the-progress-of-

the-s-80-submarine-program/

[26] https://ecodiario.eleconomista.es/politica-eD/amp/4890017/La-Armada-pagara-14-millones-

a-la-empresa-de-EEUU-que-asesorara-a-Navantia-en-el-problema-del-submarino-con-sobrepeso