Militärforschung
  Fünfter Dienste des FSB in der Ukraine
 

Die FSB-Abteilung „5. Dienst“ und der Krieg gegen die Ukraine

18. Mai 2024

Gerhard Piper

Am 24. Februar 2022 überfiel Russland zum zweiten Mal innerhalb von zehn Jahren die Ukraine. Treibende Kraft hinter der Aggression war der Inlandsgeheimdienst FSB m seinem Dienst für Internationale Beziehungen: Pyatoy sluzhby. Verantwortlich für den „Schattenkrieg“ vor und während des Krieges waren die Geheimdienstgeneräle Bortnikow, Besseda, Boljuch und Chumakov.

Die Erben des KGB

Mit dem Ende der Sowjetunion zerbrach auch dessen Super-Geheimdienst KGB, der sowohl als Auslands- als auch als Inlandsnachrichtendienst diente. Während sich normalerweise ein Staat ein oder mehrere Geheimdienste zu seiner Sicherheit zulegt, war es im Nachfolgestaat Russland umgekehrt: Die Geheimdienstleute (russ.: silowiki) okkupierten den Staat, um ihn nach eigenem Gutdünken auszuplündern. Dort das Komitet gossudarstwennoi besopasnosti (KGB) aufgeteilt in den Inlandsnachrichtendienst Federalnaja sluschba besopasnosti (FSB) und den Auslandsnachrichtendienst Sluschba wneschnei raswedki (SWR). So ging der FSB am 12. April 1992 aus der Konkursmasse der sowjetischen Nachrichtendienste hervor.

Aber wer sollte für die anderen Zerfallsstaaten der alten Sowjetunion zuständig sein? Vom völkerrechtlichen Standpunkt aus betrachtet waren gehörten sie nun zum „nahen Ausland“, wie es nun in der russischen Sicherheitspolitik hieß, aber in der alten Sowjetunion war für die Überwachung dieser Regionen die Inlandsüberwachung mit ihrer „Hauptabteilung Fünf“ und ihren sechs Abteilungen (Religiöse Sekten, Nationalisten, Ausländer in der UdSSR, Emigrantengruppen, Dissidenten und Juden) zuständig gewesen. In diesem institutionellen Wettstreit machte schließlich der FSB gegenüber dem SWR das Rennen und gründete seinen eigenen „5. Dienst“ (Pyatoy sluzhby).

Zur Überwachung Russlands gehört der Schutz der „Inneren Sicherheit“ und die Terrorismusbekämpfung. Die heutigen Terroristen sind aber international vernetzt, so konnte der FSB – obwohl Inlandsnachrichtendienst – an den russischen Botschaften überall auf der Welt Verbindungsbüros aufbauen, die ebenfalls vom „5. Dienst“ betrieben werden. Im Laufe der Jahre haben diese Auslandsbüros ihre Tätigkeit ausgeweitet. Spätestens seit 1995 ging es nicht mehr nur um Terrorismusaufklärung im Besonderen, sondern um Spionage im Allgemeinen. So mauserte sich der „5. Dienst“ seit 1995 zu einem Auslandsnachrichtendienstzweig innerhalb eines Inlandsnachrichtendienstes. Mit dem Antritt Wladimir Putins wurde dieser Aufklärungszweig noch ausgebaut.

Die unabhängige Nachrichtenbeschaffung aus dem Ausland ist heutzutage umso wichtiger, als allein seit dem Kriegsbeginn im Februar 2022 die NATO-Staaten fast 500 Agenten Russlands ausgewiesen haben und sich der Auslandsnachrichtendienst SWR von diesem Aderlass über Jahrzehnte nicht erholen wird.

 

Die Kriegsentscheidung

In den modernen Staaten ist in der Regel das Militär für die Kriegsführung zuständig. Dies ist in Russland aber nicht immer der Fall. Als Wladimir Wladimirowitsch Putin am 1. Januar 2000 sein Amt als Staatspräsident antrat, war er dem russischen Volk unbekannt. Gerade einmal zwei Prozent der Bevölkerung konnten mit dem Namen „Putin“ einen konkreten Politiker verbinden. Um seine „Popularität“ zu steigern, präsentierte sich Putin seinem kriegslüsternen Pöbel als bedeutender Feldherr: Eigentlich sollte damals ein endgültiger Friedensvertrag zwischen Russland und seiner abtrünnigen Republik Tschetschenien ausgehandelt werden, wie es General a. D. Alexander Iwanowitsch Lebed am 31. August 1996 im Friedensabkommen von Chassawjurt mit der tschetschenischen Führung vereinbart hatte. Aber Putin befand, das Abkommen sei „ein Betrug an Russland“ und provozierte über eine FSB-Falschflaggenoperation (russ: chuzhoy flag) den „Zweiten Tschetschenienkrieg“. Anders als früher beauftragte er erstmals nicht das Militär mit der Operationsführung, sondern den Inlandsgeheimdienst FSB. Dessen Agenten hausten mit ihren Razzien („imeny zachistki“ oder „adressny zachistki“) in Tschetschenien wie einstmals die deutsche SS in Polen. Der Staatsterror nahm solche Ausmaße an, dass der russische Oberbefehlshaber Konteradmiral German Alexeyevich Ugryumov am 31. Mai 2002 in seinem Büro im Regionalstabes in Khankala (Selbst-)Mord beging, so dass der Krieg somit gestoppt werden und das Marionettenregime der Kadyrows installiert werden konnte.

Im Verlauf des Jahres 2014 stand erneut die Provokation eines Krieges auf der Tagesordnung des Kreml. Diesmal wurde die Ukraine als Feind ausgemacht, als die ukrainische Maidan-Bewegung von den Russen zerschlagen und das Nachbarland teilweise besetzt wurde. Damals erfolgte die Teilannexion der Ukraine durch die „grünen Männchen“ (gemeint sind die Angehörigen der 3-ya Gvardeyskaya otdel'naya brigada spetsial'nogo naznacheniya aus Togliatti und der 36-ya Gvardeyskaya brigade aus Ulianovsk). Rüdiger von Fritsch, der damalige deutsche Botschafter in Moskau, berichtete 2020 in seinem Memoirenband „Russlands Weg – Als Botschafter in Moskau“:

„Am 17. April (des Jahres 2014, G. P.) antwortete Präsident Putin in einer Fernsehsendung auf die Frage, ob im Donbas russisches Militär im Einsatz sei: „Nein, das ist totaler Quatsch. Es gibt keine russischen Einheiten im Osten der Ukraine, es gibt keine ‚Spezialeinheiten und keine Instrukteure, das sind alles die ortsansässigen Bürger.“ Gut anderthalb Jahre später hörte sich das anders an: „Wir haben nie gesagt, dass es dort nicht Leute gäbe, die sich mit der Lösung bestimmter Probleme befassen, auch im militärischen Bereich“, äußerte Wladimir Putin auf einer Pressekonferenz im Dezember 2015 zum selben Thema.“ (1)

Im Verlauf des Jahres 2021 stand erneut die Provokation eines Krieges auf der Tagesordnung des Kreml. Diesmal wurde die Ukraine erneut als Feind ausgemacht. Als Begründung wurde behauptet, die Faschisten hätten die Macht in der Ukraine übernommen. Dieses alte Narrativ stammte noch aus dem Jahr 2014. Eigentlich war es nur ein „Propagandascherz“, wurde aber von Kommunisten gerne geglaubt und weltweit verbreitet. In seiner intellektuellen Bescheidenheit glaubte Dr. Putin, dass ukrainische Volk hätte auf ihn, den Erlöser, gewartet. Aber das ukrainische Volk wollte den Popanz aus Moskau nicht hochjubilierend empfangen.

Nur am Anfang lief das Kriegsszenario wie geplant ab: Im August/September 2021 fand das traditionelle Herbstmanöver des Südkommandos der russischen Streitkräfte an den Grenzen zur Ukraine statt. Das Manöver ging ohne Zwischenfälle zu Ende, allerdings mussten die westlichen Nachrichtendienste bald etwas Neues, Fremdartiges feststellen. Das russische Militär zog zwar seine Soldaten in ihre Heimatstützpunkte zurück, aber deren Militärmaterial blieb in neuen Depots in Grenznähe zurück. Dies macht eigentlich keinen Sinn, denn ohne ihre Waffensysteme konnten die Soldaten in ihren Kasernen nur rumgammeln; aber dieser Trick ermöglichte es, in einer vermeintlichen oder tatsächlichen Krisensituation schnell einen großen Eingreifverband aufzubauen.

Die Planungen für eine erneute Invasion in die Ukraine reichten Jahre zurück. Nun war es endlich soweit. Irgendwann im Spätsommer oder Herbst 2021, trafen sich die letzten drei Direktoren des FSB mit weiteren Mitgliedern der Kamarilla um Putin, um den Angriff auf die Ukraine zu beschließen. In diesem Zusammenhang wurden explizit folgende Personen genannt:

- Wladimir Wladimirowitsch Putin: Putin wurde am 7. Oktober 1952 in Sankt Petersburg (damals Leningrad) geboren. Im Jahr 1975 trat er in das KGB ein und diente dort in der Ersten Hauptverwaltung. Er studierte Jura an der Universität Leningrad. Später erwarb er einen fingierten Doktortitel an der Bergbau-Hochschule in Sankt Petersburg. Von 1984 bis 1985 studierte er an der KGB-Hochschule in Moskau. Von 1985 bis 1990 war der „Giftzwerg“ – so seine KGB-Kollegen - in Dresden (DDR) eingesetzt und schied im Mai 1990 aus dem aktiven Dienst aus. Danach arbeitete er in der Stadtverwaltung von Sankt Petersburg und stieg bis zum Vizebürgermeister auf. (…) Putin war vom 25. Juli 1998 bis August 1998 Direktor des FSB. Im Mai 1999 wurde Putin zum Ministerpräsidenten und am 1. Januar 2000 zum Präsidenten und Oberbefehlshaber ernannt. Unter seiner Präsidentschaft wurde der FSB noch ausgebaut, um gegen die Opposition im eigenen Land, die „Farben-Revolutionen“ in den Nachbarstaaten und das westliche Ausland noch repressiver vorgehen zu können.

Dabei hatte Putin am 17. Mai 2002 auf einer Pressekonferenz mit dem urkrainischen Präsidenten Leonid Danylowytsch Kutschma in aller Deutlichkeit festgestellt.

„I am absolutely convinced that Ukraine will not shy away from the processes of expanding interaction with NATO and the Western allies as a whole. Ukraine has its own relations with NATO; there is the Ukraine-NATO Council. At the end of the day the decision is to be taken by NATO and Ukraine. It is a matter for those two partners. (…)

After the signing of the gas agreements between Russia and Ukraine, Russia believes that the process is developing in a positive way. And we hope that the interaction will grow. We discussed it with the President in detail. We have certain plans and considering that the main buyers of gas are European countries we will think about how to harmonise relations in Europe, and build bilateral relations with Ukraine to ensure that the European consumers of Russian gas feel secure and calm. (2)

- Nikolai Platonowitsch Patruschew: Armeegeneral Patruschew wurde am 11. Juli 1951 in Sankt Petersburg (damals Leningrad) geboren. Er erwarb einen Doktortitel. Er war vom 9. August 1999 bis zum 12. Mai 2008 Leiter des FSB. Seit 2008 amtierte er als Sekretär des Sicherheitsrats der Russischen Föderation (Sowet Besopasnosti Rossijskoi Federazii - Sovbez) bis er im Mai 2024 von diesem Posten abgelöst und durch Armeegeneral Schoigu ersetzt wurde.

- Alexander Wassiljewitsch Bortnikow: General Bortnikow wurde am 15. November 1951 in Perm (damals Molotow) geboren. Er trat 1975 in den Leningrader KGB-Zirkel ein. Seit 2004 leitete den „4. Dienst“ des FSB. Bortnikow ist seit dem 12. Mai 2008 amtierender Direktor des FSB. Er war u. a. an einem Korruptionsplan beteiligt, bei dem es um die Veräußerung von Grundstücken im Urlaubsviertel von St. Petersburg am Finnischen Meerbusen im Wert von insgesamt 2,5 Millionen US-Dollar ging.

- Sergei Kuschugetowitsch Schoigu: „Armeegeneral“ Schoigu wurde am 21. Mai 1955 in Tschadan geboren. Er ist von Beruf eigentlich Bauingenieur. Ab Mai 1991 war er Leiter des Katastrophenschutzes und erwarb hier seinen „Generals“-Titel. Allerdings gilt Schoigu als durch-und-durch korrupt. Seit dem 6. November 2012 amtierte er als Verteidigungsminister. Er war früher Jagdgeselle von Wladimir Putin, doch durch den Misserfolg der „Spezialoperation“ ist das Freundschaftsverhältnis mittlerweile eingetrübt. Nach dem Scheitern des russischen Angriffs auf die Ukraine hieß es mal, Schoigu habe einen Herzinfarkt erlitten, mal hieß es, er würde mit der CIA konspirieren. (3) Dann wurde ihm zur Last gelegt, die Söldner der Gruppa Wagnera nicht im Griff gehabt zu haben. Nicht zuletzt war der „Operettengeneral“ innerhalb des Militärs eher unbeliebt. Armeegeneral Schoigu wurde schließlich im Mai 2014 von seinem abgelöst und – als Nachfolger von Patruschew – auf das Amt des Sekretärs des Sicherheitsrates weggelobt.

- Waleri Wassiljewitsch Gerassimow: Armeegeneral Gerassimow wurde am 8. September 1955 in Kasan geboren. Ab 1977 diente er in der Sowjetarmee als Zugführer, Kompaniechef, Chef des Stabes eines Panzerbataillons im Panzerregiment 80 Legnica (Polen). Von 1982 bis 1984 war Gerassimow im Fernöstlichen Militärbezirk als Chef des Stabes eines Panzerbataillons eingesetzt. Von 1987 bis 1993 diente er als Kommandeur eines Panzerregiments im Baltischen Militärbezirk. In den Jahren 1997/1998 war er 1. Stellvertreter des Befehlshabers der 1. Gardepanzerarmee im Moskauer Militärbezirk. Ab Februar 1998 war er zunächst Chef des Stabes und ab Februar 2001 Kommandeur der 58. Allgemeinen Armee im Nordkaukasus. (…) Am 9. November 2012 wurde Gerassimow schließlich zum Chef des Generalstabes der Streitkräfte und Erster Stellvertreter des Verteidigungsministers ernannt.

- Wiktor Wassiljewitsch Solotow: Armeegeneral Solotow wurde am 27. Januar 1954 in Sassowo geboren. Er absolvierte zunächst eine Berufsausbildung als Schlosser. Danach diente er zunächst in den Grenztruppen des KGB und war anschließend fast zwanzig Jahren in der KGB-Abteilung 9 tätig, die für die Sicherheit der Politbüromitglieder der KPdSU zuständig war. Von 2000 bis 2013 war Solotow Chef der sogenannten „Männer in Schwarz“, dem Sicherheitsdienst des russischen Ministerpräsidenten bzw. Präsidenten. Seit April 2016 amtiert Solotow als Kommandeur der Russischen Nationalgarde (Rosgvardia).

- Juri Walentinowitsch Kowaltschuk: Kowaltschuk wurde am 25. Juli 1951 in Sankt Petersburg geboren. Er war Physiker und zählt heute zu den Oligarchen. Von 2005 bis 2012 war er Vorsitzender des Verwaltungsrats der „Bank Rossija“, die eng mit „Gazprom“ vernetzt ist, und ist seit Juni 2012 Vorsitzender des Aktionärsbeirats. Er ist seit Anfang der neunziger Jahre mit Wladimir Putin eng befreundet, gilt als dessen „Banker“ und gehört zum sogenannten Clan der „Osero-Datscha-Kooperative“. Sein Vermögen wurde 2008 schon auf 1,9 Milliarden Dollar geschätzt. (4)

(…)

In den Monaten vor Kriegsbeginn waren an der russischen Aufbereitung des ukrainische Operationsraumes waren insbesondere über 120 Agenten der FSB-Abteilung 9 und weitere Agenten des militärischen Nachrichtendienstes Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije (GRU) beteiligt gewesen. Wann und wo die Entscheidung für den Angriffskrieg gefallen ist, wurde nicht bekannt. Jedenfalls wurde die Entscheidung in dem regierungsamtlichen Video einer „öffentlichen Sitzung“ des Sicherheitsrates am 21. Februar 2022 für die breite Fernsehöffentlichkeit nachgestellt. Am 24. Februar 2022 griffen die russischen Streitkräfte den „Bruderstaat“ Ukraine an. Seitdem bezeichnen die Russen ihr Brudervolk als „ukropy“ (dt.: „Dill“). Aus irgendeinem unerfindlichen Grund gilt der Name dieses Krautes den Russen als böses, sehr böses Schimpfwort.

Der Ukraine-Krieg ist ebenso überflüssig wie zerstörerisch. Dieser unprovozierte Angriffskrieg entspricht nur den ideologischen Hirngespinsten des russischen Präsidenten, dient der Befriedigung seiner Gewaltphantasien und hat fatale Folgen für die Ukraine, Russland und Europa. Wladimir Putin meinte in einer Rede vor der Föderationsversammlung am 25. April 2005 feststellen zu müssen, der Zerfall der Sowjetunion sei die „größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“. Mit dem Überfall auf die Ukraine hat Putin sich selbst als „krupneyshaya geopoliticheskaya katastrofa“ des 21. Jahrhunderts verewigt.

 

FSB – Fünfter Dienst

Da die Organisationsstruktur des FSB einer strengen Geheimhaltung unterliegt, ist es nicht einfach und somit nicht fehlerfrei, diese zu rekonstruieren. Daher finden sich in der Literatur andere Darstellungen, die von der folgenden (geringfügig) abweichen.

Der „Fünfte Dienst“ (Pyatoy sluzhby) (andere Bezeichnungen: „Sluzhba operativnoy informatsii i mezhdunarodnykh svyazey“ [SOLiMS] bzw. Feldpostnummer 26047) ist eine der acht oder neun Hauptzweige des FSB. Er dient der Überwachung der post-sowjetischen Nachbarrepubliken durch Russland. Langjähriger Leiter des „5. Dienstes“ war bis 2022 Generaloberst Sergei Orestowitsch Besseda (andere Schreibweise: Sergey Orestovich Beseda). Er wurde wegen des FSB-Versagens in der Ukraine geschasst. Zu seinem Nachfolger wurde General Gyorgy Grishayev ernannt.

Nach Angaben von Dr. Kevin P. Riehle von der Brunel University in London gliedert sich der „Fünfte Dienst“ aktuell in vier Hauptzweige:  
- Information-Analysis Directorate (IAU)      
- Operational Information Department (DOI)
- International Cooperation Directorate (UMS)        
- Open Inforrmation Section (OOI) (5)

- Das Informations-Analysis Directorate (Information-analiticheskoye upravlenie - IAU) ist seit 2004 die Auswertungseinheit des „5. Dienstes“ und steuert somit dessen Beschaffungsplanung. Für Präsident Putin ist diese Abteilung besonders wichtig, da er von ihr Exklusivinformationen erhält, die von keiner anderen politischen Institution gefiltert oder kontrolliert worden sind. Allerdings macht dies den Präsidenten auch abhängig, von der Zuverlässigkeit und Qualität der IAU-Arbeit. Im Fall „Ukraine“ hat der IAU durch seine Hörigkeit völlig versagt, weil er dem Präsidenten nur das meldete, was dieser – gemäß den Erwartungen der IAU – hören wollte.

So hat der „5. Dienst“ innerhalb des FSB einen eher schlechten Ruf, weil seine Aufklärung- und Auswertung den geheimdienstlichen Standards oft nicht genügen und stattdessen mehr Wert auf geheimdienstliche Aktionen gelegt wird:

„Inside the FSB, no one hides that there are big questions over the work of the Fifth service. Moreover, many fellow officers are thirsty for the blood of their colleagues from that service and are waiting for criminal cases to be opened against them. "They are 'air sellers'," the former FSB officer says of his colleagues.

"They were making things up, misinterpreting, and sometimes fantasizing, and the leadership was happy to believe it," echoes another former employee. "For example, they wrote that the regions of Ukraine did not have any real connection with the Kyiv government and it would take only a nudge to make those regions 'run' toward Russia."

"The level of professionalism there is worthless. People who had no idea how to work were sent there. Not everyone agreed to join the department because it was something of a swamp. We have encountered cases where we brought information on one of the Commonwealth of Independent States (CIS) countries to the Beseda service, and the relevant employees did not recognize the names of the main officials of that country, they did not understand who those people were. We had to explain all that to them," says an FSB officer.“ (6)

- Das „Department operativnoi informazyii“ (DOI) nimmt die eigentlich operativen Aufklärungsfunktionen wahr. Diese Hauptabteilung wurde 1998 unter der Bezeichnung „Direktion zur Koordinierung operativer Informationen“ (UKOI) gegründet, als Wladimir Putin als FSB-Direktor amtierte. Sie hat seit 2003 einen legalen Organisationsstatus und damit verbunden einen modifizierten Namen - DOI. Innerhalb des DOI gibt es Abteilungen (russ.: upravleniya), die jeweils für einen Nachfolgestaat oder eine Region zuständig sind. So ist innerhalb des DOI die „Abteilung 9“ (russ.: pyatoye upravleniye oder 9-e upravleniye) für die Ukraine zuständig. Die Abteilung hatte im Jahr 1991 nur 30 Offiziere, deren Anzahl bis 2022 auf rund 160 Mann aufgebläht wurde. Die einzelnen DOI-Abteilungen wiederum gliedern sich weiter auf in „Büros“ (russ.: otdel). Innerhalb der „Abteilung 9“ war das 1. Büro für die Landeshauptstadt Kyjiw zuständig, das 2. Büro für die Oblaste Dnipro, Sumy, Poltawa und Saporischschja, und das 3. Büro für die Südukraine, etc.. DOI beschreibt den Aufklärungsbedarf und gibt entsprechende Anweisungen für die Informationssammlung und Durchführung von Operationen an die Führungsoffiziere weiter. Wenn in den letzten Jahren in der ex-Sowjetunion Unruhen oder Separationsbestrebungen auftraten, war der „Fünfte Dienst“ nicht weit entfernt.

Um seine repressive Überwachungsfunktion auszuüben schleust der FSB seine Agenten in den Öffentlichen Dienst, in Unternehmen oder in Nachrichtenorganisationen ein, wo die Agenten einen lukrativen Vollzeitjob annehmen. Sie sind dann „DR-Offiziere“ (Offiziere der „destvuyushego rezerva“, dt.: „aktive Reserve“). Dem FSB gelingt es so, die gesamte Gesellschaft zu penetrieren. (7) Manche Personen werden aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung als Einflussagenten in politischen Entscheidungsfindungsprozessen rekrutiert. In der Nomenklatura des FSB werden sie als „curator“ bezeichnet.

- Das International Cooperation Directorate (Upravleniye mezhdunarodnogo sotrudnichestva - UMS) ist verantwortlich für die Außenbeziehungen des „5. Dienstes“ mit Partnerdiensten und internationalen Organisationen.

- Über die Open Information Section (OOI) sind hier keine weiteren Informationen verfügbar.

 

Zu den Mitarbeitern des Fünften Dienstes gehören folgende Agenten:

- Adamowitsch, Petrowitsch Wladimir: Adamowitsch war Leiter der Abteilung 9.

- Aleksandrovich, Mamykin Tikhon (Deckname: AMUR): Aleksandrovich diente früher an der russisch-chinesischen Grenze. Er ist Mitarbeiter des Zweiten Büros innerhalb der 9. Abteilung und war in Saporischschja eingesetzt. (8)

- Besseda, Sergej Orestowitsch: Generaloberst Besseda wurde am 17. Mai 1954 geboren. Er trat in den siebziger Jahren in das KGB ein. Eine Zeit lang war er auf Kuba stationiert. Zunächst diente er in der Abteilung, die die Verwaltung des Präsidenten überwacht, ab Anfang der neunziger Jahre war er bei der FSB-Spionageabwehr tätig. Er wurde im Jahr 2004 Stellvertretender Leiter des „5. Dienstes“ und in Personalunion Leiter des DOI. Im August 2008 oder im Jahr 2009 avancierte er zum Leiter des „5. Dienstes“. Seine Agenten waren in den Aufstandsgebieten Transnistrien, Abchasien, Ossetien, Georgien, etc. aktiv.

Am 20./21. Februar 2014 reiste er nach Kyviw (damals: Kiew), um den Maidan-Aufstand niederzuschlagen. Dazu berichtete der frühere SBU-Agent Ivan Lukashevych:

„They stayed in Koncha Zaspa. Everyone is afraid to talk about this now, but it is an established fact that they were there, and it was probably them who provoked the first clashes on the Maidan and the killings of law enforcement officers. But they don't talk about it, as many of those Ukrainian officers have remained in the SSU and moved to other positions, and they are not interested in people investigating their role in these events." (9)

In Jahr 2014 soll Besseda die Nachrichtendienste der „Nationalrepubliken“ Luhansk und Donezk geleitet, zumindest logistisch unterstützt haben. In dieser Funktion war er verantwortlich für die Beschlagnahmung ukrainischen Eigentums. Im April 2022 wurde er von seinem Posten als Chef des „5. Dienstes“ abgelöst und möglicherweise zeitweise inhaftiert.

Besseda gilt als korrupt. Er bzw. seine Familie sollen mehrere Millionen Rubel eingesackt haben. So verfügt die Familie über einen umfangreichen Immobilienbesitz und Firmenbeteiligungen. (10)

- Boljuch, Anatoli: Generalleutnant Boljuch wurde angeblich 2014 nach dem Sturz von Janukowytsch vorrübergehend entlassen, trat dann aber wieder in den Dienst ein. Bis April 2022 war er Stellvertretender Leiter des „5. Dienstes“. Nach dem Scheitern der erneuten Ukraine-Invasion befand er sich zeitweise in Hausarrest.

- Borodin, Dmitry: Borodin ist Mitarbeiter der „9. Abteilung“. Er war am 19. Juni 2022 in Cherson in eine Kneipenschießerei (Cafe „Eda.Topi“, Ushakov-Straße) mit den beiden russischen Söldnern Unteroffizier Sergei Obukhov und Unteroffizier Igor Sudin verwickelt. (11)

- Chulindin, Alexandr: Chulindin nahm im Vorfeld des Krieges allgemeine Koordinierungsaufgaben in der Ukraine wahr und betätigte sich in der Auswertung.

- Chumakov, Igor: Generalmajor Chumakov wurde 1972 geboren. Er war/ist der Leiter der 9. Abteilung innerhalb des „5. Dienstes“, die für die Ukraine zuständig ist.

- Dautow, Wadim Maratowitsch: Dautow leitete Sabotageplanungen. Er ist Mitarbeiter des FSB, vermutlich gehört er zum „5. Dienst“.

- Dubrov, Nikolay Alexeyevich: Dubrov ist seit ca. 2020 Mitarbeiter des FSB. Er ist Mitarbeiter des Zweiten Büros innerhalb der 9. Abteilung und war in Saporischschja eingesetzt. (12)

- Grishayev, Gyorgy: General Grishayev war bis 2022 der Leiter von DOI. Seit April 2022 leitet er den gesamten „5. Dienst“.

- Ivanov, Sergei Borisovich: General Ivanov entstammt dem Leningrader KGB. Er war von 1998 bis 1999 Leiter des IAU innerhalb des „5. Dienstes“, als Wladimir Putin als Geheimdienstchef fungierte. Anschließend diente er kurzzeitig als Sekretär des Sicherheitsrates. Vom 28. März 2001 bis zum 15. Februar 2997 amtierte er als Verteidigungsminister.

- Kharchenko, Andrey: Kharchenko war u.a. in Italien eingesetzt, wo er die rechtsgerichtete Lega Nord unterwanderte.

- Khramov, Oleg: General Khramov war früher Leiter des DOI. Er wurde nach dem Sturz von Janukowytsch 2014 entlassen.

- Kornev (oder Korneyev), Alexey: Kornev ist/war für die Überwachung und Anleitung der Rebellen in der „Nationalrepublik Luhansk“ zuständig. Er war im Mai 2024 an einem Komplott zur Ermordung von Wolodymyr Selenkyj beteiligt.

- Korol, Iwan Dmitrievich: Korol ist Leiter der Abteilung für Transnistrien.

- Kovalenko, Igor: Kovalenko ist ein hochrangiger FSB-Offizier im DOI. Er führte über Jahre eine Anzahl von hochrangigen, ukrainischen Politikern. Insbesondere unterhielt er Kontakte zur „Oppositionsplattform – Für das Leben“ (OPZH) von Wiktor Wolodymyrowitsch Medwedtschuk. Von Kovalenko wurde bekannt, dass er im Februar 2022 erneut in die Ukraine einreiste.

- Kozlov, Oleh: Kozlov ist Offizier der 9. Abteilung.

- Kuzyura, Alexei: Kuzyura war früher Leiter des UMS.

- Lobanov, Maxim: Lobanov trat als Verteidiger der Rechte der russisch-orthodoxen Kirche in der Ukraine auf.

Mikhailov, Aleksandr Georgievich: Generalmajor Mikhailov entstammt dem KGB. Er war von 1996 bis 1998 Leiter des IAU innerhalb des „Fünften Dienstes“ des FSB. Danach diente er weiter im Innenministerium und schied 2008 im Rang eines Generalleutnants aus dem aktiven Dienst aus.

- Milyutin, Dmitry Vitalievich: General Milyutin war seit 2016 Stellvertretender Leiter des „5. Dienstes“. Er war spezialisiert auf die Republik Moldawien bzw. Transnistrien. Zur Finanzierung seiner „Wühlarbeit“ in dieser gespaltenen Republik setzte er den Geschäftsmann Igor Yurievich Chaika ein.

- Mishutin, Maxym: Mishutin war im Mai 2024 an einem Komplott zur Ermordung von Wolodymyr Selenkyj beteiligt.

- Nemchin, Vasily Ivanovich: Generalleutnant Nemchin war früher Soldat bei den Sowjettruppen in der DDR. Nach seinem Militärdienst trat er in das KGB und später in den FSB ein. Er ist Mitarbeiter des Zweiten Büros innerhalb der „9. Abteilung“ und war in Saporischschja eingesetzt. (13)

- Perlin, Dmytro: Perlin war im Mai 2024 an einem Komplott zur Ermordung von Wolodymyr Selenkyj beteiligt, er war spätestens seit Januar 2024 der Führungsoffizier der beiden beteiligten ukrainischen Obristen.

- Privalov, Sergey: Privalov ist Mitarbeiter der „9. Abteilung“. Er war am 19. Juni 2022 in Cherson in eine Kneipenschießerei mit den beiden russischen Söldnern Unteroffizier Sergei Obukhov und Unteroffizier Igor Sudin verwickelt. (14)

- Sapunov, Maxim: Sapunov arbeitet unter dem Cover der FSB-Frontorganisation „Institute of Diaspora and Integration“ (Institut diaspory i integracii - i-sng], das von Konstantin Fyodorovich Zatulin geleitet wird.

- Shingirev, Alexey: Shingirev ist Mitarbeiter der 9. Abteilung.

- Sinitsyn, Sergey: Sinitsyn (Codename: SABIR) ist Mitarbeiter des 3. Büros innerhalb der 9. Abteilung. Er war seit März 2022 der Operativen Gruppe Nr. 8 in Cherson zugeteilt. Er wurde spätestens im Mai 2024 festgenommen.

- Sobko, Denis Oleksandrowitsch: Sobko leitete Sabotageplanungen. Er ist Mitarbeiter des FSB, vermutlich gehört er zum „5. Dienst“.

- Solokha, Valery: Solokha war Mitarbeiter der 4. Abteilung, die zuständig ist für Moldawien, und der Abteilung 11.

- Terentyeva, Marina: Terentyeva war getarnt als Photojournalistin der staatlichen Presseagentur TASS. Sie sorgte für die Beschaffung und Weiterleitung von Informationen.

- Tikhonov, Yevgeny: Tikhonov ist der Sohn von Oberst Alexander Tikhonov. Nach der Eroberung Mikolaivs versuchte sein Vater, ihn als Vize-Gouverneur einzusetzen. Er ist Mitarbeiter der „9. Abteilung“. Er war am 19. Juni 2022 in Cherson in eine Kneipenschießerei mit den beiden russischen Söldnern Unterofffizier Sergei Obukhov und Unteroffizier Igor Sudin verwickelt. (15)

- Tyuryakov, Ivan Sergeevich (Decknamen: IVAN SMOLOKUROV, IVAN STURGAEV, EVAN MELKOVICH): Tyryakov gehört seit 2011 dem FSB an. Er ist Mitarbeiter des Zweiten Büros innerhalb der 9. Abteilung und war in Saporischschja eingesetzt. (16)

- Vakalov, Leonid Yuryevich: Vakalov gehört seit ungefähr 2016 dem FSB an. Er ist Mitarbeiter des Zweiten Büros innerhalb der 9. Abteilung und war in Saporischschja eingesetzt.

- Vechtomov, Ilya (Decknamen: ALEXEI und ILYA VEKSHIN): Oberst Vechtomov war Führungsoffizier des aus der Ukraine stammenden Historikers Wladimir Sergijenko, der als Berater für den Bundestagsabgeordneten Eugen Schmidt (AfD) arbeitete und gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine votierte. Nach Bekanntwerden der ND-Verbindung trat Sergijenko im Februar 2024 von seinem „Beratungsjob“ zurück. (17)

- Yakubinsky, Igor: Yakubinsky ist Mitarbeiter der „9. Abteilung“. Er war am 19. Juni 2022 in Cherson in eine Kneipenschießerei mit den beiden russischen Söldnern Unteroffizier Sergei Obukhov und Unteroffizier Igor Sudin verwickelt.

(…)

 

Weitere FSB-Kräfte in der Ukraine

Seit Kriegsbeginn sind weitere Zweige des FSB an dessen Geheimdienstoperationen in der Ukraine beteiligt.

- „1. Dienst“: Der „1. Dienst“ (1-Sluschba) ist für Spionageabwehr zuständig und wird seit 2015 von General Vladislav Vladimorovich Menschchikov geleitet. Seine „Direktion für Informationsunterstützung für operativ-Ermittlungsaktivitäten“ (Upravleniye informatsionnogo obespecheniya operativno-rozysknoy deyatel'nosti - UIOORD) schickte 2002 mehrere Agenten nach Melitopol in der Ukraine. Sie waren an der Deportation von Ukrainern nach Russland beteiligt. Im Dezember 2022 wurde die Einheit von ukrainischen Truppen zerschlagen.

Das Zentrum für Informationssicherheit (Tsentr informatsionnoy bezopasnosti - TsIB) (and. Bez.: Center 18, Militäreinheit 64829) ist für die Überwachung des Internets zuständig. Leiter des Zentrums ist seit Juni 2017 Sergey Skorokhodov.

- „2. Dienst“: Hinzu kommt der berüchtigte „2. Dienst“ („2-Sluschba“) für Terrorabwehr, der auch unter der Bezeichnung „Sluzhba po Zashchite Konstitutsionnogo Stroya i Bor'be s Terrorizmom“ (SZKSiBT) bekannt ist. Seine Aufgabe ist die Terrorismusbekämpfung und all das, was man zu Sowjetzeiten als „ideologische Counterintelligence“ bezeichnete. Sein Kernstück ist die Operativno-Rozyknoye Uravlenie (ORU). Die Terrorabwehr wurde jahrelang von Generaloberst Alexey Semonovich Sedov geführt, sein Nachfolger soll zeitweise General Sergei Smirnov gewesen sein, der am 22. Oktober 2020 entlassen wurde. Der derzeitige Leiter ist hier nicht bekannt.

Der „Dienst 2“ unterhält außerhalb der FSB-Zentrale zwei Führungsstellen in Moskau: Es gibt ein separates Zentrum zur Terrorismusbekämpfung im Südwesten von Moskau, das in einem Hochhaus an der Ausfallstraße „Prospekt Vernadskogo 12, Gebäude 4“ untergebracht ist, das auch als „Forschungsinstitut Priboy“ bekannt ist. Außerdem gibt es ein zweites Zentrum für Terrorismusbekämpfung (Militäreinheit 35690) in einer Kaserne in dem Vorort Balashiha (Trubetskaya 116) östlich von Moskau, der früheren 101. Geheimdienstschule des KGB, wo dessen Auslandsagenten früher ein militärisches Spezialtraining mit der Tarnbezeichnung „Kursy usovershenstvovaniya ofitserskogo sostava“ (KUOS) durchliefen

Die Anti-Terror-Abteilung verfügt u. a. über ein „Special Purpose Center“ (Tsentr spetsial'nogo naznacheniya - TsSN) (and. Bez.: Militäreinheit 35690) in Balashiha. Die Abteilung wurde seit ihrer Gründung im Oktober 1998 zunächst von Oberst Aleksandr Yevgenyevich Tikhonov geführt, der nach einem Skandal durch Alexander Bondarenko ersetzt wurde. Der Abteilung unterstehen die Sondereinheiten:

-- „Abteilung A“ (andere Bezeichnung: Upravléniye „A“, vormals Spetsgruppa Alpha): Sie ist eine Anti-Terroreinheit. Die Abteilung wird von Generalmajor Vladimir Vinokurov geleitet. Mehrere Alfisti waren bei Kriegsbeginn in der Ukraine aktiv.

-- „Abteilung W“ (vormals Spetsgruppa Wympel bzw. Wega) ist ein militärischer Schutz- und Sabotageverband.

-- „Abteilung T“ (Spetsgruppa Tavriad): Die Einheit ist seit 2015 auf der Halbinsel Krim stationiert

- Tsentr operativno-tekhnicheskikh meropriyatiy (TsOTM) (and. Bez.: Center 12): Das „Zentrum 12“ ist für das Telekommunikationsüberwachungssystem SORM zuständig.

- Tsentr radioelektronnoy razvedki na sredstvakh svyazi (TSPPCC): Das „Zentrum“ ist für Abhöraktionen zuständig, Dieses ist auch unter der Bezeichnung „Center 16“ (16-i Centr) oder „Militäreinheit 71330) bekannt. (18)

- „3. Dienst“ (and. Bez.: Departament voyennoy kontrrazvedki - DVKR): Der DVKR ist für die Spionageabwehr innerhalb des Militärs zuständig. Ihr Leiter ist seit 2015 Generaloberst Nikolay Petrovich Yuryev.

- „6. Dienst“ (and. Bez.: Sluzhba organizatsionno-kadrovoy raboty - SOKR): Der Organisations- und Personalservice ist für die Rekrutierung, Ausbildung und Bewaffnung der Milizen in den „unabhängigen“ Nationalrepubliken Luhansk und Donezk zuständig. Der „6. Dienst“ wurde 2022 von Generaloberst Vevgeniy Nikolayevich Lovyrev geführt.

- Pogranichnaya sluzhba (PS): Der Grenzschutzdienst gehört seit Juni 2003 zum FSB. Leiter der Grenztruppen ist General Vladimir Grigoryevich Kulishov. Der Grenzschutz unterhält seit 1991/92 Grenztruppen an der russisch-ukrainischen Grenze und seit 2014/15 auch an den Grenzen zwischen den annektierten Provinzen und der Rest-Ukraine. Hinzu kommen die Grenzschutzboote auf dem Schwarzen- und dem Asowschen Meer. Bereits in der Nacht vom 14. auf den 15. April 2022 kam es im Asowschen Meer zu einem Scharmützel zwischen drei ukrainischen Patrouillenbooten der „Gyurza-M“-Klasse und mehreren Booten der russischen Grenztruppe.

Hinzu kommen all die FSB-Agenten, die seit der Teilannexion im Jahr 2014 Funktionen des Geheimdienstes in den besetzten Gebieten übernommen haben: Magomed Farmanovich Magomedov (Krim), Leonid Vladimirovich Mikhailiuk (Krim), Oberst Andrey Yurevich Pinchuk (Donezk), Pyotr Anatoliyovych Zima (Krim), etc.. (19)

Nicht zuletzt waren auch die anderen russischen Nachrichtendienste in der Ukraine aktiv, insbesondere der militärische Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije (GRU). Hier spielte der umtriebige Erste Stellvertretende Direktor, Generalleutnant Wladimir Stepanowitsch Aleksejew (Deckname: STEPANYCH), ein gebürtiger Ukrainer, eine treibende Rolle.

Der GRU ist u. a. verantwortlich für mehrere Cyber-Angriffe auf die Ukraine: Zu seinen Cybereinheiten gehört das „Main Centre for Special Technologies“ (Militäreinheit 74455). Die Einheit tritt auch unter den Bezeichnungen SANDWORM, TELEBOTS und VOODOO BEAR auf. Sie ist in Moskau (Ulitsa Svobody 21W / „Novator“-Zentrum Kirov Straße 22) stationiert und verfügt über eine Außenstelle in Zagoryansky. Eine weitere GU-Cybereinheit ist CYBER BERKUT, die auf Operationen gegen die Ukraine spezialisiert ist.

Der Auslandsgeheimdienst SWR unterhielt seine Dependance an der russischen Botschaft in Kyjiw.

 

Militärische Vorbereitung des Kriegsschauplatzes

Wer einen Krieg beginnen will, sollte das Feindgebiet zuvor „vorbereiten“. Die Vorbereitungen zum Ukrainekrieg basierten auf einer jahrzehntelangen Aufklärungsarbeit und insbesondere den Maßnahmen, die zur Zerschlagung der Maidan-Bewegung und der Besetzung der Oblaste Luhansk, Donezk und Krim im Jahr 2014 vorbereitet und durchgeführt wurden.

Der Regierung in Moskau gelang es am 25. Februar 2010 mit Wiktor Fedorowytsch Janukowytsch einen ebenso korrupten wie willfährigen Lakaien in Kyjiw (damals: Kiew) an die Macht zu bringen, der in seinen zwei Amtsjahren den Staatsapparat um insgesamt bis zu 70 Milliarden Dollar ausplünderte und die nationale Sicherheit aushöhlte. Um seiner standrechtlichen Erschießung wegen Hochverrats zu entgehen, flüchtete Janukowytsch am 27. Februar 2014 nach Russland. Er wurde 2019 - in Abwesenheit - wegen Landesverrats zu 13 Jahren Haft verurteilt. Ihm folgten 5.000 Apparatschiks des alten Regimes nach Russland.

Während die ukrainischen Streitkräfte 2014 eine offizielle Nominalstärke von 180.000 Soldaten besaßen, waren tatsächlich nur 6.000 Mann einsatzbereit, so dass die russischen Spezialeinheiten das Land ohne nennenswerten Widerstand erobern konnten. Der damalige Verteidigungsminister Pavlo Valentynovych Lebedyev setzte sich am 21. Februar 2014 nach Russland ab.

Damals reiste FSB-General Sergei Besseda mit einer Geheimdienstdelegation nach Kyjiw um Janukowytsch zu ermuntern, die aufständische Bevölkerung zu massakrieren. (20). Zu seiner Entourage gehörten folgende Geheimdienstoffiziere: Oberst Vyatscheslav Kozlov, Anatoli Boljuch, Alexandr Pavlov, Dmitry Revzin, Oleg Tkachuk und Vladislav Surkov. Nicht weniger als 1.300 Agenten des ukrainischen Sicherheitsdienstes SBU sympathisierten damals mit den Russen und wechselten zum FSB. (21)

In Vorbereitung der erneuten Aggression gegen die Ukraine etablierten die Russen in der Ukraine ein umfangreiches Netz an Spionen und Saboteuren. Die Initiative zu dieser Spionageoperation reicht nach Erkenntnissen der ukrainischen Dienste mindestens bis zu Jahr 2005 zurück. An der Vorbereitung dieses „Schattenkrieges“ waren über 120 FSB-Agenten des „5. Dienstes“, weitere FSB-Kräfte und mindestens 100 bis 300 GRU-Agenten beteiligt. Demgegenüber nennt „RUSI“ allein für den Raum Charkiw ein Agentenaufkommen von 800 Personen. (22) Bei 50 dieser GRU-Agenten handelte es sich um Veteranen der Militäreinheit 29155, dem Mord- und Sabotagekommando des Militärgeheimdienstes. Nach zahlreichen Mordanschlägen (Skripal, Nawalny, etc.) waren sie „verbrandt“ und somit für die operative Arbeit im Mordbereich nicht mehr verwendbar. Die Vorbereitung des Konfliktes mit der Ukraine eröffnete ihnen ein neues Betätigungsfeld. (23)

Jeder Agent sollte als Führungsoffizier fünf bis zehn Spione anwerben und zum Einsatz bringen. Dies hätte - summa summarum – eine Untergrundtruppe von weit über tausend Mann für die unkonventionelle Kriegsführung ausgemacht.

Daneben ist auch noch die Rede von „Vremennaya operativnaya gruppa“ (VOG, dt.: Zeitweilige Operativgruppen). Sie bestanden aus Kräften der Russischen bzw. Tschetschenischen Nationalgarde und Alfisten. Deren genauere Gliederung ist hier nicht bekannt. Über deren Zusammenarbeit mit dem russischen Militär und ihren „Aufgaben“ berichtete RUSI:

„Within each town the TOG would appoint a garrison commander from the Russian military who would have an assigned detachment of garrison troops. These troops would occupy a building – usually the police or fire station – and set up facilities for detention, processing, interrogation and torture. The fact that the layout of these facilities is consistent throughout the country, and the equipment used in torture chambers, including specialised electrocution machines, were the same across multiple oblasts demonstrates that this was a systematic plan and not improvised sadism.“ (24)

 

Doppelagenten in den ukrainischen Nachrichtendiensten

Die Ukraine verfügt über mehrere Nachrichtendienste:      
- Sluschba bespeky Ukrajiny: Der Sicherheitsdienst SBU wird seit 17. Juli 2022 von Wassylyj Maljuk als Nachfolger von Iwan Hennadijowytsch Bakanow geführt. Sein Hauptquartier ist das Haus Semstwa in Kyjiw (Wolodymyrska Str. 33), der früheren KGB-Residentur in Kyjiw. Der SBU hat schätzungsweise 27.000 Mitarbeiter.

- Sluschba sownischnjoji roswidky Ukrajiny: Der SSRU ist der Auslandsnachrichtendienst der Ukraine. Er wurde vom 4. Juni 2020 bis zum 23. Juli 2021 von Generalleutnant Walerij Kondratjuk geführt, der durch Generalleutnant Oleksandr Lytwynenko abgelöst wurde, der wiederum am 24. März 2024 durch Oleh Iwaschtschenko ersetzt wurde.

- Holowne uprawlinnja roswidky Ministerstwa oborony Ukrajiny: Der HUR (gelegentlich: HUR MO oder GUR HO) wird seit dem 5. August 2020 von Generalleutnant Kyryl Budanow geführt. Er hat sein Hauptquartier auf der sogenannten Rybalskyj-Insel im Dnepr in Kyjiw.

- Ukraiina Dershavna Uchorona: Das Büro für Staatssicherheit (UDO) ist für den Personenschutz zuständig und wurde seit 2019 von Serhil Leonidowitsch Rud geführt. Nachdem der SBU am 7. Mai 2024 einen Mordplan gegen Präsident Selenskyj und die Geheimdienstchefs Maljuk und Budanow aufdeckte, in den zwei Obristen der Leibwache verwickelt waren, wurde Rud am 9. Mai 2024 von seinem Posten entbunden. So sollte Budanow vor dem Osterfest am 5. Mai 2024 getötet werden, indem das Haus, in dem er sich zum fraglichen Zeitpunkt aufhalten würde, durch eine Rakete zerstört werden sollte.

Da beide Staaten, Ukraine und Russland, Nachfolgestaaten der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) sind und über siebzig Jahre miteinander verbunden waren, sind sie miteinander noch stärker verzahnt als BRD und DDR nach ihrer Wiedervereinigung. Die Masse der hohen Offiziere der ukrainischen Nachrichtendienste traten noch zu Sowjetzeiten in den Geheimdienstbereich ein. Sie wurden damals entscheidend sozialisiert und es bestehen alte Kameradschaftsverbindungen. Hinzu kommt die Korruption, die in der Ukraine auch die Nachrichtendienste des Landes befallen hat und Geheimdienstmitarbeiter erpressbar macht. Beides begünstigte die massive Unterwanderung der ukrainischen Nachrichtendienste durch die russischen Geheimdienste. Bereits bei der Niederschlagung der Maidan-Proteste 2014 spielten die pro-russischen Kräfte innerhalb der ukrainischen Sicherheitsdienste eine unrühmliche Rolle. So Oleksandr Hryhorovych Yakymenko, der seit 2013 als Direktor des SBU amtierte. Er wurde – wie die gesamte Führungsriege des Geheimdienstes - am 23. Februar 2014 seines Amtes enthoben.

Wieviele ukrainische Agenten als Doppelagenten angeworben wurden, ist nicht bekannt. Mehr als 60 Mitarbeiter vom SBU und der Generalstaatsanwaltschaft waren nach Kriegsbeginn 2022 in den von Russland besetzten bzw. annektierten ukrainischen Gebieten Luhansk, Donezk, Cherson und Krim geblieben und hatten dort mit den Besatzern zusammengearbeitet. Weil er sich als unfähig erwiesen hatte, den SBU von den russischen Doppelagenten zu säubern, wurde SBU-Direktor Iwan Hennadijowytsch Bakanow am 17. Juli 2022 nach nur dreijähriger Amtszeit entlassen.

Ein Teil dieser Delinquenten wurden in Senezh bei Moskau für ihre „Verratsarbeit“ ausgebildet.

Die amerikanischen Geheimdienste Central Intelligence Agency (CIA) und Federal Bureau of Investigations (FBI) hatten in den letzten zehn Jahren viel Arbeit, die Ukrainer bei der Säuberung ihrer Dienste zu unterstützen, was sie sicherlich gerne aber nicht uneigennützig gemacht haben.

 

Namensliste der ukrainischen Hoch- und Landesverräter (Auswahl)

Am 28. März 2022 veröffentlichten die ukrainischen Sicherheitsbehörden eine Liste „Russia FSB Employees“ mit den Namen, Geburtsdatum und Adressen von 620 Personen, die sie als FSB-Agenten in Europa identifiziert hatten. (25) Hier folgt eine Liste der russischen Doppelagenten in den ukrainischen Nachrichtendiensten.

- Derkatsch, Andrii: Derkach war ukrainischer Parlamentsabgeordneter. Im Jahre 1993 absolvierte er die Dzierżyński-Hochschule der damaligen Federal'na sluzhba kontrrazvedki (FSK), aus dem später der FSB hervorging. Sein Vater, Armeegeneral Leonid Wassylowytsch Derkatsch, war bis von April 1998 bis 2003 Direktor des ukrainischen SBU. Derkatsch war beteiligt an der Desinformationskampagne, die Hunter Biden, den Sohn des korrupten, amerikanischen Präsidenten Joe Biden – während des Präsidentschaftswahlkampfes 2020 - als Geschäftsmann mit fragwürdigen Verbindungen zur Ukraine darstellte. Er gilt als Agent des GRU. Im November 2023 erhob die Generalstaatsanwaltschaft Anklage gegen Derkatsch wegen Landesverrat. (26)

Vater und Sohn waren die führenden Figuren der sogenannten „Derkatsch-Gruppe“, einer Untergruppierung des mafiösen „Dnipropetrowsker Klans“. (27)

- Gura, Vitaly: Der „Gauleiter von Novaya Kakhovka“ wurde am 6. August 2022 erschossen.

- Kirejew, Denis Borisowitsch: Kirejew war von Beruf Banker. Er betätigte sich als Agent des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR. Einen Tag vor Kriegsbeginn beschaffte er die Information, dass die Russen auf dem „Antonov-Flughafen“ in Hostomel Fallschirmjäger mit Hubschraubern absetzen wollten, um den Luftstützpunkt als Sprungbrett für den Angriff auf Kyjiw zu nutzen. Daraufhin konnte der HUR notwendige Abwehrmaßnahmen einleiten. HUR-Chef Generalleutnant Kyryl Budanow bekannte später: „If it were not for Mr Kireyev, most likely Kyiv would habe been taken“ (28) Am 28. Februar nahm er auf ukrainischer Seite an den Friedensverhandlungen in Gomel (Belarus) teil. Er wurde am 3. März von Agenten des SBU festgenommen und am 5. März 2022 durch Mitglieder des Sonderkommandos Alfa ermordet. Der ukrainische Sicherheitsdienst hatte Kirejew in Verdacht, ein Doppelagent des russischen FSB zu sein; aber vielleicht wollten ihn ein paar SBU-Leute einfach nur weghaben. Zu diesem komplizierten Fall eines Kriegshelden, der als Verräter standrechtlich erschossen wurde, berichtete „Wikipedia“:

„Denys Kireyev, a Ukrainian banker, was killed in Kyiv in March 2022 just after he attended a peace negotiation in Belarus. Having been recruited by Russias FSB he was credited with informing Ukrainian military of Russia's intention to use the Hostomel Airport as a stepping stone to capture Kyiv, indicating he was a Ukrainian GUR double agent. Arrested by Ukraines SBU he was shot and killed. Whether the SBU knew he was a GUR double agent, whether he was assassinated, or shot by accident, or whether it was a Russian agent in SBU who killed him is unknown." (29)

- Kobets, Oleksandr Yuriyovych: Kobets war früher Agent des KGB und seit 1991 des SBU. Offiziell schied er im Jahr 2010 aus dem Dienst aus und betätigte sich danach im wirtschaftlichen Bereich. Am 26. April 2022 setzten ihn die Russen als neuen Bürgermeister von Cherson ein. Während seiner Amtszeit ist es in der Stadt zu zahlreichen Kriegsverbrechen gekommen. Am 11. November 2022 konnte die Stadt durch ukrainische Truppen befreit werden.

- Kozak, Taras Romanovych: Kozak war Mitglied der „Oppositionsplattform – Für das Leben“ (OPZH). Am 11. Mai 2021 klagte der ukrainische Generalstaatsanwalt Kozak an wegen Landesverrat. Das U.S. Finanzministerium setzte Kozak am 20. Januar 2022 auf seine Sanktionsliste, weil er dabei half, “to prepare to take over the government of Ukraine and to control Ukraine’s critical infrastructure with an occupying Russian force."

- Kulinich, Oleg: Kulinich war Generalmajor im SBU. Seit 2020 soll er geheime Dokumente des SBU beschafft haben, deren Informationen für den Fall eines russischen Angriffs operativ nützlich waren. In der Nacht vom 23. auf den 24. Februar 2022 sorgte er dafür, dass Warnmeldungen über einen russischen Angriff nicht weitergeleitet wurden. Als Einflussagent sollte er die ukrainische Führungsspitze davon überzeugen, dass es falsch wäre, der NATO beizutreten, stattdessen sollte die Ukraine ihren Status als neutrales Land behalten.

- Kywa, Illja Wolodymyrowytsch: Kywa war Polizeimajor im Bereich der Drogenbekämpfung. Er wurde Parlamentsabgeordneter der pro-russischen Oppositionspartei „Oppositionsplattform – Für das Leben“. Er unterhielt Verbindungen zu Dmytro Olexandrowytsch Kortschynskyj, dem Leiter der rechtsextremistischen Gruppierung „Bratstwo“.

Kurz vor dem russischen Angriff flüchtete er nach Spanien; unterstützte aber die russische Invasion „politisch“. So erklärte er aus dem Exil, dass „das ukrainische Volk befreit werden muss“ und dass „Ukrainer, Weißrussen und Russen ein Volk sind“. Außerdem erklärte er, dass die Ukraine „vom Westen versklavt und in die Knie gezwungen wurde, vom Nationalsozialismus durchdrungen ist und keine Zukunft hat“. Er machte den ukrainischen Präsidenten Selenskyj für den Krieg verantwortlich und forderte ihn zum Rücktritt auf. Am 17. April 2022 rief er den Kreml in seinem „Telegram“-Account zu einem Atomschlag gegen die Ukraine auf: „Selenskyj, seine Entourage und die westlichen Unterstützer fürchten sich am meisten vor einem russischen Präventivschlag mit Massenvernichtungswaffen. Das ist es, was der heutigen Konfrontation ein Ende setzen kann, nicht nur mit den ukrainischen Behörden, sondern mit dem gesamten Westen.“ (30)

Im November 2022 verurteilte ihn dann ein Gericht in Lwiw in Abwesenheit zu 14 Jahren Haft wegen Landesverrats. Anfang Dezember 2023 verübte der ukrainische SBU in Suponjewo bei Moskau einen Mordanschlag auf den früheren Polizeimajor. (31)

- Medwedtschuk, Wiktor Wolodymyrowitsch: Der Oligarch war Leiter der pro-russischen „Oppositionsplattform – Für das Leben“. Er soll bereits in den siebziger Jahren Kontakte zum sowjetischen KGB unterhalten haben. Über seine TV-Kanäle ließ er die Falschmeldung verbreiten, in der Ukraine würden biologische Waffen hergestellt. Im Jahr 2020 war er zu Gast bei der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Allerdings geriet Medwedtschuk in den Verdacht, Millionenbeträge, die für den Aufbau des FSB-Agentennetzes in der Ukraine vorgesehen waren, veruntreut zu haben. (32)

Über seine Festnahme durch die ukrainischen Sicherheitsbehörden berichtete „Wikipedia“:

„Am 12. April 2022 wurde Medwedtschuk vom ukrainischen Geheimdienst aufgegriffen und festgenommen; er trug eine Uniform des ukrainischen Militärs. Laut SBU-Angaben hätte er vom FSB nach Transnistrien gebracht werden sollen. Polnische Geheimdienstexperten teilten unter Berufung auf den SBU mit, dass der FSB bei der gescheiterten Fluchtaktion auch mehrere Medwedtschuk-Doppelgänger eingesetzt habe, um der ukrainischen Seite die Überwachung zu erschweren. In Kyjiw verbreitete sich die Version, dass Medwedtschuk vermutlich zum Präsidenten der Ukraine ausgerufen worden wäre, falls russische Fallschirmjäger, wie ursprünglich geplant, das Zentrum Kyjiws mit dem Präsidentenpalast besetzt hätten. (…) Im September 2022 wurde er durch den Einsatz des Rechtsanwalts Bertrand Malmendier gegen 200 ukrainische Soldaten ausgetauscht, darunter 108, die nach den Kämpfen um das Asow-Stahlwerk in Mariupol in Gefangenschaft geraten waren.“ (33)

Am 29. März 2024 berichtete die BBC News, dass Wiktor Medwedtschuk hinter dem Netzwerk „Voice of Europe“ steht, das früher in den Niederlanden residierte und zuletzt von 2023 bis 2024 seinen Sitz in Prag (Tschechien) hatte. Dieses Medium verbreitete anti-ukrainische Propaganda, soll rechtspopulistische westeuropäische Politiker als Einflussagenten finanziert haben und somit - nach Aussage der deutschen Bundesregierung - Teil der hybriden Kriegsführung Putins sein. Mehrere Politiker der „AfD“ haben mit „Voice of Europe“ zusammengearbeitet, darunter Maximilian Krah und Petr Bystron. Sowohl der tschechische Staatssicherheitsdienst Bezpečnostní informační služba (BIS) als auch das amerikanische Federal Bureau of Investigations (FBI) sind in die Ermittlungen involviert.

- Naumow, Andrii: Brigadegeneral Naumow war Leiter der Hauptverwaltung für Innere Sicherheit des SBU. Wenige Stunden vor Beginn des russischen Angriffs verließ er die Ukraine. Naumow wurde im Juni 2022 in Serbien festgenommen, als er mit einem hohen Geldbetrag einreiste.

- Shaitanov, Valerii (Deckname: BOBYL): Shaitanov war Mitarbeiter des SBU. Er wurde bereits am 14. April 2020 unter dem Verdacht des Landesverrates festgenommen. Er war 2017 in die Mordanschläge auf zwei ukrainische Geheimdienstoffiziere (Oberst Oleksandr Kharaberyush und Oberst Maksym Mychajlowytsch Schapowal, dem damaligen Leiter der Sondereinheiten) verwickelt. Sein Führungsoffizier war Igor Yegorov vom „1. Dienst“ des FSB.

- Sivkovich, Valdimir (Deckname: KOTYHOROSHKO): Sivkovich entstammt der Zweiten Hauptverwaltung „Spionageabwehr“ (Vtoroye Glavnoye Upravleniye - VGU) des KGB. Zeitweise war er in Potsdam (damals DDR) stationiert. Während der Regierungszeit von Janukowitsch amtierte er als Stellvertretender Leiter des ukrainischen Sicherheitsrates. Er leitete eine russische Schläferzelle, der u. a. Andriy Smirnov und Oleg Kulinin angehörten. Nach Einschätzung des SBU war Sivkovich „overseer of the Ukrainian question“. (34)

Das U.S.-Finanzministerium warf ihm Folgendes vor:

„In 2021, Sivkovich worked with a network of Russian intelligence actors to carry out influence operations that attempted to build support for Ukraine to officially cede Crimea to Russia in exchange for a drawdown of Russian-backed forces in the Donbas, where separatists continue to receive support from Russia. In early 2020, Sivkovich coordinated with Russian intelligence services to promote Derkach’s disinformation campaign against the U.S. 2020 presidential election. Sivkovich, who has ties to the FSB, also supported an influence operation targeting the United States from 2019 to 2020.“ (35)

- Smirnov, Andriy: Smirnov war ein russischer Agent. Er wurde im Juni 2022 in Serbien festgenommen, da er über 700.000 Dollar mit sich führte.

- Tabachnyk, Dmytro Volodymyrovych: Tabachnyk war vom 11. März 2010 bis zum 23. Februar 2014 Minister für Bildung und Wissenschaft. Er stand in Verbindung mit Oleh Kozlov. Tabachnyk wurde angeklagt wegen Zusammenarbeit mit dem Feind (Art. 111-2 des ukrainischen Strafgesetzbuches) und wegen Kriegsverbrechen (Art. 438). Am 6. März 2014 verhängte die Europäische Union (EU) Sanktionen gegen Tabachnyk wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder der Ukraine.

- Tsaryov, Oleg: Tsaryov war ein führendes Mitglied der Partei „Oppositionsplattform – Für das Leben“. Er sollte bei der geplanten Machtübernahme durch die Russen einen Regierungsposten in Kyjiw erhalten.

- Voloshyn, Oleg Anatoliiovych: Voloshyn war Journalist. Von 2008 bis 2019 war er Presseattaché an der ukrainischen Botschaft in Moskau. Danach wurde er Parlamentsabgeordneter für die „Oppositionsplattform – Für das Leben“. Am 14. Februar 2022, zehn Tage vor Kriegsbeginn, verließ er die Ukraine und ging nach Russland. Am 10. Februar 2023 wurde gegen ihn ein Haftbefehl wegen Landesverrats erlassen.

Darüber hinaus konnte der FSB mehrere Soldaten der ukrainischen Streitkräfte anwerben, die ihr intimes Fachwissen an den Feind weitergaben und geben.

Nicht zuletzt stehen mindestens zwanzig Priester der ukrainisch-orthodoxen-Kirche (UOK) im Verdacht, mit den Russen kollaboriert zu haben, darunter der Metropolit Ionafan von Tultschyn. alias Anatoly Jeletskich. Er wurde beschuldigt, u.a. durch das Versenden von Postkarten mit pro-russischen Sprüchen („Russian authorities call for you“, „Donbass is Russia“, etc. ) Feindpropaganda betrieben zu haben. Im Oktober 2022 wurde bei ihm eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Die Kirche wies die ihrer Meinung nach „völlig gekünstelten“ Anschuldigungen gegen den Patriarchen zurück. (36) Weniger wegen des Verstoßes gegen das neunte Gebot Moses, sondern wegen des Verstoßes gegen einschlägige Bestimmungen des ukrainischen Strafrechts wurde der Metropolit im August 2023 zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hallelujah! (37)

(…)

Neben dem Anwerben von Spionen im Rahmen der Human intelligence (HUMINT) setzten die Russen auch ihre nachrichtendienstliche Technik zur Überwachung ein. Für die Communications Intelligence (COMINT) verwenden sie ihr Abhörsystem „Sistema tekhnicheskikh sredstv dlya obespecheniya funktsiy Operativno-Rozysknykh Meropriyatiy“ (SORM). Es gibt drei Ausbaustufen: „SORM-1“ für Telefonie, „SORM-2“ für Internet-Überwachung und „SORM-3“ für verschiedene Kommunikationskanälen unter automatischer Verwendung von Selektoren. Die Abhörgeräte sollen „Omega“ heißen. Zuständig war zunächst die Abteilung UKIB der 1. Verwaltung (Spionageabwehr) des FSB, mittlerweile lautet die Bezeichnung „Zentrum für Informationssicherheit“ (Tsentr Informatsionnoy Bezopasnosti - TsIB) (Militäreinheit 64829). Leitende Kraft des Projektes war Generaloberst Andrey Bykov, der von 1992 bis 1996 als Stellvertretender Direktor des FSB amtierte. Daneben setzen die Russen noch weitere Überwachungssysteme ein: „Phoenix“ (Oblast Donezk), „Na Svyazi“ (Oblaste Saporischschja und Cherson) und „Volna“ (Halbinsel Krim). Um Handys zu tracken oder die Sozialen Medien zu überwachen wurden die Überwachungssysteme „PSKOV“ und „Sherlock“ eingesetzt.

Weitere Erkenntnisse brachte der Einsatz der Aufklärungsdrohnen „Orlan-10“ im Rahmen von Photo Intelligence (PHOTINT). Allerdings werden 80 Prozent des Nachrichtenrohmaterials aus offenen Quellen durch Open Source Intelligence (OSINT) beschafft. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden zur Auswertung u. a. in die landesweite „Spektrum“-Datenbank des FSB eingegeben.

Um ihrerseits die Kommunikation mit ihren zahlreichen Agenten, Spionen und Saboteuren aufrechtzuerhalten setzen die Russen u. a. Handys ein, die mit „ViPNet Client“ über eine spezielle Software verfügen. Die russischen Streitkräfte nutzten für ihre Handys das Verschlüsselungssystem „Era“, konnten es aber nicht lange verwenden, da sie selbst die Funkmasten in der Ukraine bei ihren Angriffen zerstört hatten. (38) Die GRU-Frontorganisation Gruppa Wagnera nutzte das Kommunikationssystem „Kod“, allerdings wurde dieses durch den BND abgehört. Als die russischen Nachrichtendienste dies durch ihren Doppelagenten im BND gewahr wurden, stellte die Söldnertruppe im Oktober 2022 die Nutzung des Systems weitgehend ein. (39)

Allerdings gab es bei der Führung der Spione nicht nur ein technisches Problem, vielmehr brach das Agentennetz aus psychologischen Gründen teilweise zusammen, wie der ukrainische Geheimdienstgeneral Kondratiuk bemerkte:

„(T)hese agents were pro-Russian and were in touch with pro-Russian special services at the beginning of the war. They were waiting, but when they saw that Ukraine did not fall, they got scared. Most of them stopped contacting their case officers, and it’s a big problem for the Russians to restore contact. They will try to put pressure because these recruits are documented, and can be blackmailed through the publication of these materials.“ (40)

Bei den angehenden Saboteuren konnte ein umfangreiches Waffenarsenal sichergestellt werden: Pistolen „Fort-17“, Sturmgewehre „AK-74“, Raketenwerfer „RPG-22“ und „RPG-26“, Granaten „VOG-17“, Minen „MON-90“, etc.. Früher fuhren die FSB-Agenten „Lada“ oder „Moskwitsch“, heute fahren sie im SUV von „Daimler-Benz“.

Die russische Regierung hat sich ihre Wühlarbeit in der Ukraine einiges kosten lassen, allerdings wurden die Gelder vom korrupten FSB nicht immer sinnvoll ausgegeben. Statt den Krieg vorzubereiten, verprassten die russischen Spione die Steuermittel lieber für schöne Reisen nach Zypern, auf die Malediven oder nach Thailand. (41)

Die Delinquenten haben sich verschiedener Straftaten schuldig gemacht: Hochverrat (Art. 111-2), Spionage (Art. 114-1), Bildung einer terroristischen Vereinigung (Art. 258-3), illegaler Waffenbesitz (Art. 263), Kriegsverbrechen (Art. 438) etc.. Bis Februar 2023 eröffneten die ukrainischen Strafverfolgungsbehörden angeblich über 16.000 Ermittlungsverfahren wegen Landesverrat. (42)

 

ND-Aktivitäten

Schon in „Friedenszeiten“ wurden die Agenten zu einer umfangreichen Aufklärung des Ziellandes eingesetzt. So sollten sie die politische Stimmung in der Bevölkerung ausmachen, die politischen Machtkämpfe in Kyjiw ausloten und die Oppositionsbewegung fördern. Nicht zuletzt gehörte auch die Objektaufklärung der militärischen Infrastruktur (Fliegerhorste in Kramatorsk und Kulbakino, etc.) zu ihrem Aufgabengebiet:

„Die FSB-Agenten sammelten auch Informationen über den Einsatz und die Umsiedlung der ukrainischen Streitkräfte sowie über die personellen und operativen Aktivitäten der Geheimdienstdirektion des Verteidigungsministeriums. Darüber hinaus sammelten sie Informationen über Spezialeinheiten, das Marinehauptquartier, den 73. Marinestützpunkt und die grundlegende Interaktion mit ausländischen Partnern usw. Um ihre Aufgaben zu erfüllen, führten die Agenten Rekrutierungsarbeiten unter Mitarbeitern der ukrainischen Streitkräfte durch.“ (43)

Am 21. Februar 2022 behauptete die russische Regierung, dass eine Grenzanlage des FSB im Oblast Rostow durch ukrainischen Beschuss zerstört worden war, außerdem seien fünf ukrainische Soldaten nahebei in Mitakinskaya erschossen worden, die versuchten hätten, die Grenze zu überqueren. Dass die Ukraine mit nur fünf Soldaten Russland angreifen würde, ist kaum glaubhaft und erinnert doch allzu sehr an das „Unternehmen TANNENBERG“ unter Führung des SS-Sturmbannführer Alfred Helmut Naujocks in Görlitz am 31. August 1939.

Hauptstoßrichtung des russischen Angriffs war die ukrainische Landeshauptstadt Kyjiw (damals: Kiew). Bei Kriegsbeginn war eine gemeinsame Enthauptungs-Aktion der FSB-Agenten und den russischen Fallschirmjäger in Kyjiw geplant. Diese kam aber wohl nicht zu Stande, weil der Angriff der Fallschirmjäger auf den Flughafen Hostomel Ende Februar 2022 kläglich scheiterte.

Schon bei Kriegsbeginn wollten die Russen Selenskyj in Kyjiw umbringen. Allerdings verfügte die ukrainische Staatsspitze nicht nur über umfangreiche unterirdische Anlagen, die noch aus den Zeiten des Kalten Krieges stammen, sondern auch über eine geheime Kommandozentrale, die in den letzten Jahren vor Kriegsbeginn mit Hilfe der U.S.-Geheimdienste ausgebaut wurde. So kam das eingesetzte tschetschenische Mordkommando nicht zum Zug. Möglicherweise wurde das tschetschenische Kommando auch durch oppositionelle Kräfte innerhalb des FSB verraten. (44) Jedenfalls sollte nach dem Sturz Selenkyjs eine pro-russische Regierung in Kyjiw die Macht übernehmen. Um im letzten Moment noch eine Wahlmöglichkeit zu haben, standen gleich zwei Regierungsteams bereit. Eine Regierungsmannschaft um Janukowytsch befand sich in Belarus und wartete auf ihren Abflug nach Kyjiw, eine zweite Mannschaft stand in einer der von Russland annektierten Provinzen im Südosten der Ukraine bereit.

Die Planungen für das Operationsgebiet Kyjiw fasste das britische Royal United Services Institute for Defence and Security Studies (RUSI) in seiner Studie „Preliminary Lessons from Russia´s Unconventional Operations During the Russo-Ukrainian War, February 2022 – February 2023“ vom 29. März 2023 so zusammen:

„Once in Kyiv, the plan included three interconnected directions of operation. The first was the use of local agents to guide Russian SSO in capturing the executive and parliamentary leadership of the country. These were likely to be given show trials. Separately, the Kadyrovtsy were to engage in the hunting down of the Ukrainians believed to be organisers of patriotic resistance and those associated with the Revolution of Dignity in 2014. This was anticipated to be a dirty war, comparable to the conflict with the Chechen rebels following the fall of Grozny in 2000. The third line of effort was to be the pacification of the population. This depended on the isolation of communities through the control of egress and ingress through natural choke points in civic infrastructure. Within these isolated areas, the Rosgvardia were to manage protests and acts of civil resistance. There would not necessarily need to be violent suppression of protests, but the organisers of such protests could be identified and subsequently targeted by the Kadyrovtsy A further task for SSO and VDV units was the seizure of Ukraine’s central bank, water and utilities, and the parliament. The intent was to allow Viktor Medvedchuk and other members of the Russian-aligned faction within the Ukrainian parliament to establish a movement for peace, to pass resolutions urging surrender to save lives and to save Ukraine, and thereafter to govern through the national parliament and through the regional parliaments and local administrations. The withdrawal of power, utilities and finance from regions that were considered problematic would be used to try and further isolate areas of persistent instability. Within this context, the foremost advocates for peace and therefore candidates for local government office throughout the country would be those officials who were part of the agent network.“ (45)

Bisher wurden auf den ukrainischen Präsidenten und Oberbefehlshaber Wolodymyr Selenskyj in den letzten zwei Jahren schätzungsweise ein Dutzend Mordversuche überstanden. (46) Außerdem wurde der Plan bekannt, einen der ehemaligen Kommandeure der ukrainischen Spezialeinheiten (gemeint ist Generalleutnant a. D. Igor Lunjow, der bis August 2020 im Dienst war, G. P.) zu entführen und nach Russland zu verschleppen. Dafür bot der russische Geheimdienst eine Belohnung von 100.000 US-Dollar an.“ (47)

Nach der russischen Operationsplanung sollte der FSB zusammen mit der paramilitärischen, russischen Nationalgarde Rosgwardija, der tschetschenischen Nationalgarden, den sogenannten „Kadyrowzy“, und Angehörigen der Milizen der annektierten „Nationalrepubliken“ in der gesamten Ukraine die Macht übernehmen und ihre Herrschaft sicherstellen. Dazu berichtete „Wikipedia“:

„Ursprüngliche Planungen hatten es anders vorgesehen. Nach der erwarteten Eroberung sollten FSB-Offiziere der für die Ukraine zuständigen fünften Direktion des FSB in speziell zusammengestellten Einheiten ihnen vorbestimmte Regionen übernehmen und gemeinsam mit den ihnen zugewiesenen Abordnungen der Garde die russische Herrschaft implementieren. Vorgesehen war die Verhaftung bzw. Eliminierung hochrangiger Ukrainer und die Übernahme der Institutionen des ukrainischen Staates. Insbesondere die Kadyrowzy sollten potentielle Widerständler und Unterstützer des Maidans jagen und ausschalten, vorgesehen war dazu die Verbringung in Filtrationslager (gemeint sind russische KZ, G. P.). Orientieren wollte man sich an den Erfahrungen des zweiten Tschetschenienkrieges. Aufgrund des erbitterten ukrainischen Widerstandes konnte dieses Vorgehen nur in besetzten Gebieten umgesetzt werden.“ (48)

In den Gebieten, in denen die Russen die Macht übernehmen konnten, errichteten die ein harsches Besatzungsregime. Der counterinsurgency-Politik fielen Tausende von ukrainischen Amtsträgern (Kommunalpolitiker, Polizeibeamte, etc.) zum Opfer. Dazu führten die Besatzungstruppen Listen von Verdächtigen mit sich. Bei Hausdurchsuchungen wurde insbesondere auf behördliche Dokumente, Familienfotos, Uniformen und Orden geachtet, um frühere Bedienstete des ukrainischen Staates zu identifizieren. Sie wurden verschleppt, gefoltert, vergewaltigt, ermordet und in Massengräbern verscharrt. Nach Erkenntnissen des FSB aus seinem Vorgehen in der Ukraine ist eine Bevölkerungskontrolle dann gegeben, wenn nur 8 Prozent der Einwohner freiwillig oder zwangsweise kollaborieren.

Zu den weiteren, vorbereiteten Maßnahmen gehörte die schnelle Inbesitznahme der ukrainischen Atomkraftwerke in Tschernobyl (3x RBMK-1000) und Saporischschja (6x WWER-1000/320)

Bei der „Spezialoperation“ gegen die Ukraine kombinierten die Russen klassische Methoden der Zersetzung und Aufstandsbekämpfung mit Methoden der modernen Kriegsführung auf den Gebieten Cyberwarfare und Psychologische Kriegsführung. So kam das britische Royal United Services Institute for Defence and Security Studies (RUSI) in seiner Studie „Preliminary Lessons from Russia´s Unconventional Operations During the Russo-Ukrainian War“ zu folgender Einschätzung:

„Indeed, that most Russian efforts were aimed at fixing and fragmenting resistance can be seen in the use of information and cyber attacks in the first days of the war. Rather than target critical national infrastructure or seek to inflict direct damage on Ukrainian systems – which was attempted later – the initial cyber attacks were largely aimed at communications systems that the Ukrainian state relied on. On the whole, they were unsuccessful because of the preparations made by the Ukrainian State Service for Special Communications and Information Protection. However, an example of a successful attack was against the company Viasat, which disrupted communications on the first day of the invasion, and highlights the primary object of much of these activities. The Russians were also partially successful in terms of information warfare, isolating Ukrainian communities through the release of misleading narratives aimed towards the mobilised civilians who the Ukrainian state armed to secure rear areas. These narratives emphasised the prevalence of sabotage groups and infiltrators: for example, the Russians started messages on Ukrainian social media calling for citizens to report suspicious markings on buildings. The result was a deluge of false positives swamping the capacity of Ukrainian law enforcement. This mirrored a persistent tactic from before the war whereby the Russian special services would make continual false bomb threats to Ukrainian law enforcement. Another consequence of amplifying paranoia was to instil fear into Territorial Defence Detachments and encourage incidents of friendly fire or at the very least slow down the movement of Ukrainian troops and officials through checkpoints.“ (49)

Im Sommer 2022 wurde auch eine Ausweitung des Konfliktes auf die Republik Moldawien erwogen:

„In the summer of 2022, a Russian analytical center associated with the FSB – Alfa-Grup – prepared a detailed analytical report on the political situation in Moldova. Its staff reached a conclusion that is typical for Russian intelligence: the country was captured by and is under the control of Western interests, with Romania and the United States in the first line. (…)

Alfa-Grup developed three scenarios of an attack on Moldova:
(1) Cutting out a land corridor through southern Ukraine up to Moldova’s national border – which coincides with Transnistrian administrative boundary, with the official recognition of Transnistrian independence (Russia currently recognizes the region as a part of Moldova);
(2) Conquering the whole of Moldova;
(3) Advancing militarily through Transnistria up to the Dniester River, without recognition of Transnistria’s independence.“ (50)

Nicht zuletzt war der FSB mit seinem „5. Dienst“ auch im Ausland aktiv, so in der BRD. Am 1. März 2023 meldete der AfD-Kontakt Sergijenko an Oberst Vechtomov pflichtschuldig seine Aktivitäten und erbat für seine Dienste schlappe 93.000 Dollar:

„The government’s work will be hindered. This situation is advantageous for us because the tanks (gemeint ist der Leopard 2, G. P.) will either be delivered much later than planned or a court injunction will be imposed. To maintain these actions, we need the following: approval, media support, financial support. A member of the Bundestag will sign a contract to prepare the lawsuit. Deputy inquiries and responses from the Bundestag’s scientific service will be used separately.” (51)

Am 3. April 2022 veröffentlichte der Kolumnist und Politikberater Timofej Sergejzew über die russische Nachrichtenagentur „RIA Novosti“ einen Artikel, dessen Titel an ein altes Lenin-Wort anknüpfte: „Chto rossiya dolshchna sdelat' s Ukrainoy“ (dt.: „Was soll Russland mit der Ukraine tun?“ Der Text soll im Nachhinein eine Rechtfertigung für die zahllosen Kriegsverbrechen der Russen sein und ist - nach Einschätzung des amerikanischen Historikers Timothy David Snyder - eine Anleitung zum Völkermord in der Ukraine. In einer englischen Übersetzung des Originalmanuskriptes heißt es:

„Denazification can only be carried out by the winner, which implies (1) his absolute control over the denazification process and (2) the power to ensure such control. In this respect, a denazified country cannot be sovereign. The denazifying state – Russia – cannot proceed from a liberal approach with regard to denazification. The ideology of the denazifier cannot be disputed by the guilty party subjected to denazification. Russia’s recognition of the need to denazify Ukraine means the recognition of the impossibility of the Crimean scenario for Ukraine as a whole. (…)

The peculiarity of modern nazified Ukraine is in amorphousness and ambivalence, which make it possible to disguise Nazism as a desire for “independence” and a “European” (Western, pro-American) path of “development” (in reality – to degradation), to assert that in Ukraine “there is no Nazism , only localized individual excesses”. After all, there is no main Nazi party, no Fuhrer, no full-fledged racial laws (only their truncated version in the form of repressions against the Russian language). As a result, there is no opposition and resistance to the regime. owever, all of the above does not make Ukrainian Nazism a “light version” of German Nazism during the first half of the 20th century. (…)

The name “Ukraine” apparently cannot be retained as the title of any fully denazified state entity in a territory liberated from the Nazi regime. The people’s republics newly created in the space free from Nazism should and will grow on the basis of economic self-government and social security, restoration and modernization of the life support systems of the population. (…)

The operation to denazify Ukraine, which began with a military phase, will follow the same logic of stages in peacetime as a military operation. At each of them, it will be necessary to achieve irreversible changes, which will become the results of the corresponding stage. In this case, the necessary initial steps of denazification can be defined as follows:

- liquidation of armed Nazi formations (which refers to any armed formations of Ukraine, including the Armed Forces of Ukraine), as well as the military, information, and educational infrastructure that ensures their activity;
- the formation of bodies of people’s self-government and the police (defense and law enforcement) of the liberated territories, protecting the population from the terror of underground Nazi groups;   
- deployment of the Russian information space;     
- withdrawal of educational materials and prohibition of educational programs at all levels containing Nazi ideological guidelines;  
- mass investigations to establish personal responsibility for war crimes, crimes against humanity, the spread of Nazi ideology and support for the Nazi regime;  
- lustration, publication of the names of accomplices of the Nazi regime, involving them in forced labor to restore the destroyed infrastructure as punishment for Nazi activities (from among those who will not be subject to the death penalty or imprisonment);
- adoption at the local level, under the supervision of Russia, of primary normative acts of denazification “from below”, a ban on all types and forms of the revival of Nazi ideology;
- Establishment of memorials, commemorative signs, monuments to the victims of Ukrainian Nazism, perpetuating the memory of the heroes of the struggle against it;
- the inclusion of a complex of anti-fascist and denazification norms in the constitutions of the new people’s republics;    
- creation of permanent denazification bodies for a period of 25 years.“ (52)

 

Das Scheitern einer ND-Operation

Eigentlich wollten die russischen Streitkräfte die Ukraine nach den Vorbereitungen durch FSB und GRU innerhalb weniger Tage erobern und die Regierung durch ein pro-russisches Marionettenregime ablösen. Gedacht war an ein Szenario wie zur Niederschlagung des „Prager Frühlings“ in der damaligen ČSSR im August 1968 (Operation DONAU).

Zur völligen Fehleinschätzung der Lage in der Ukraine trugen auch die Zahlreichen Exil-Ukrainer (ex-Verteidigungsminister Pawlo Walentinowitsch Lebedjew, ex-Innenminister Witalij Jurijowytsch Sachartschenko, ex-Geheimdienstchef Oleksandr Yakymenko, etc.) bei, die als Anhänger von und mit Janukowitsch nach Russland geflohen waren, wie ein anonym gebliebener FSB-Mitarbeiter feststellte:

„The level of professionalism there is worthless. People who had no idea how to work were sent there. Not everyone agreed to join the department because it was something of a swamp. We have encountered cases where we brought information on one of the Commonwealth of Independent States (CIS) countries to the Beseda service, and the relevant employees did not recognize the names of the main officials of that country, they did not understand who those people were. We had to explain all that to them." (53)

Durch die Hirngespinste eines Wladimir Putin waren die Kriegsziele völlig verfehlt, die Korruption und Unfähigkeit innerhalb des FSB verhinderten eine effektive Kriegsvorbereitung und die Zustände innerhalb der Streitkräfte machten eine effektive Kriegführung unmöglich.

Als Staatspräsident und Oberbefehlshaber war Putin selbst der Hauptverantwortliche für das sich abzeichnende Fiasko in der Ukraine. Um sein Regime zu stabilisieren, wurden andere Schuldige schnell ausgemacht – der „5. Dienst“ des FSB. Schließlich gilt der FSB ohnehin als Sauhaufen. So urteilte ein Autorenteam der „Washington Post“ im April 2022:

„In U.S. and European intelligence circles, the FSB's reputation stands in contrast to the ruthless, cunning reputation of its predecessor, the KGB. Several current and former officials described the Russian security service as rife with corruption, beset by bureaucratic bloat and ultimately out of touch. A Ukrainian intelligence official said the FSB had spent millions recruiting a network of pro-Russian collaborators who ultimately told Putin and his top advisers, among them the current FSB director, what they wanted to hear: The central government in Kyiv wouldn't hold and resistance would collapse.“ (54)

Ein Bonmot über die interne Fehlerkultur und Analysefähigkeit, mit denen der FSB seine Berichte frisiert, lautet: „You have to write the analysis in a way that makes Russia the victory ... otherwise you get questioned for not doing good work.“ (55)

Nach dem Scheitern des Angriffs kam zu einer „Säuberung“, bei der gleich ca. 150 FSB-Agenten abgestraft wurden. Unklar ist, ob die Agenten entlassen oder nur auf andere Posten verschoben wurden. Jedenfalls tauchten am 11. März 2012 erste Meldungen auf, nach denen Generaloberst Besseda und Generalleutnant Boljuch als „Sündenböcke“ herhalten mussten und unter Hausarrest gestellt worden waren. Ab dem 8. April hieß es, Besseda sei im FSB-Untersuchungsgefängnis in Moskau-Lefortowo inhaftiert worden. Möglicherweise hat diese internationale Medienaufmerksamkeit Besseda den Arsch gerettet. Bereits Ende April 2022 soll er wieder aus dem Knast entlassen worden sein. Es hieß, Putin habe mit der Begnadigung die wachsende Kluft zwischen Kreml und Geheimdiensten wieder schließen wollen. Ungefähr ab Januar 2023 tauchte Besseda in der Öffentlichkeit wieder auf. Es heißt, er habe zwar seinen Posten im FSB räumen müssen, sei aber weiterhin im FSB auf irgendeinem Posten aktiv.

Nach unterschiedlichen Angaben wurden damals neun bis 20 Generäle gefeuert, zumindest vorrübergehend kaltgestellt. (56) Vom FSB festgenommen wurde General Roman Gawrilow, der als Vizekommandeur der russischen Nationalgarde (Rosgwardija) für deren Spezialeinheiten zuständig war. Die Nationalgarde dient eigentlich der „nationalen Verteidigung“ und soll dazu im Inland Kontrollen durchführen, für einen Auslandseinsatz gibt es keine entsprechende Gesetzesgrundlage. Daher weigerten sich viele Mitglieder der Nationalgarde an dem Angriff auf die Ukraine teilzunehmen. Demgemäß wurden in den Wochen nach Kriegsbeginn mindestens 127 Nationalgardisten wegen Befehlsverweigerung entlassen. (57)

Der Spionageabwehrpoet Wladimir Putin erklärte dazu:

„Jedes Volk, das russische Volk ganz besonders, wird immer in der Lage sein, das Gesindel und die Verräter zu erkennen und sie auszuspucken, wie man eine Fliege ausspuckt, die einem in den Mund geflogen ist. (…) Ich bin sicher, dass eine solche echte und notwendige Selbstreinigung der Gesellschaft unser Land nur stärken wird." (58)

Zwar ist die Ukraine-Operation gescheitert, aber die dabei gewonnenen Erkenntnisse zur unkonventionellen Kriegsführung wird der FSB bei den drohenden ethno-nationalen und sozialen Konflikten in Russland zu nutzen wissen. Der FSB spricht in diesem Zusammenhang gern von „Prävention“ und meint damit eine verschärfte Repression.

Unklar ist, ab wann und in welchem Umfang die ukrainischen Geheimdienste über die FSB-Angriffsplanung informiert waren. Nach Angaben von Generalleutnant Walerij Kondratjuk, der bis zum 23. Juli 2021 den ukrainischen Auslandsgeheimdienst Sluschba sownischnjoji roswidky Ukrajiny (SSRU) leitete, wussten die Ukrainer schon damals – in groben Zügen – Bescheid. In einem Interview vom 23. Februar 2023 erklärte er:

„In the summer of 2021, the Joint Intelligence Committee considered the possible attack on Kyiv and it was not a surprise. The actions to prepare the Ukrainian armed forces were not public, and since the citizens did not know about the danger it created an explanation vacuum. The uncertainty resulted in not enough effort being put into the preparation.“ (59)

Würde man hingegen die öffentlichen Äußerungen des ukrainischen Verteidigungsministers Oleksij Jurijowytsch Resnikow wörtlich nehmen, ließen sie darauf schließen, dass die Regierung in Kyjiw überhaupt keine Ahnung hatte. Obwohl ca. 149.000 Soldaten an den Grenzen der Ukraine aufmarschiert waren, schätzte der Verteidigungsminister am 18. Februar 2022, vier Tage vor Kriegsbeginn, die Wahrscheinlichkeit, dass der Konflikt mit Russland stark eskaliert, als gering ein. (60)

Später wurde dies dementiert, man sei sich – hinter den Kulissen – schon im Klaren gewesen, dass ein russischer Angriff (un-)mittelbar bevorstand, aber man hätte beschwichtigend reagiert, um eine Massenpanik zu vermeiden, die für die Initiierung der Landesverteidigung nur kontraproduktiv gewesen wäre.

Wiederholt konnten die ukrainischen Streitkräfte nach Kriegsbeginn Ziele in Russland durch Drohnen großer Reichweite bekämpfen. Allerdings hat seit Kriegsbeginn die Zahl der tatsächlichen oder vermeintlichen Spionagefälle in Russland nicht zugenommen und liegt bei ca. hundert Fällen pro Jahr, allerdings sind darunter nur wenige Ukrainer. (61)

 

Die Counter-Rolle der U.S.-Nachrichtendienste

Unklar ist, ab wann und in welchem Umfang die U.S.-Geheimdienste über die FSB-Angriffsplanung informiert waren. Allerdings gab die U.S.-Regierung ihre Geheimdienstinformationen - auch aus Gründen des Quellenschutzes - nur im begrenzten Umfang an die Ukrainer und ihre europäischen Alliierten weiter.

Immerhin unterhalten die amerikanischen und ukrainischen Nachrichtendienste enge Beziehungen, die mindestes bis auf das Jahr 2014 zurückgehen: Drei Tage nachdem der russische Geheimdienstgeneral Besseda Kyjiw besucht hatte, um die Niederschlagung der Maidan-Revolte zu forcieren, nahm der Geheimdienstchef der neuen ukrainischen Regierung, Walentyn Olexandrowytsch Nalywajtschenko, am Tag seiner Ernennung, dem 24. Februar 2014, mit dem lokalen Chief-of-Station der CIA Kontakt auf, um eine engere Zusammenarbeit zu vereinbaren. Daraufhin reiste CIA-Direktor John Owen Brennan am 12. April 2014 persönlich nach Kyjiw.

Im Rahmen der Operation GOLDFISH bauten die U.S.-Geheimdienste die ukrainischen Nachrichten aus: Im Land wurden zwei Abhörstationen und an der ukrainisch-russischen Grenze zwölf geheime Aufklärungsstationen errichtet, die mit ukrainischem Personal bemannt wurde, das in den USA ausgebildet und von den USA ausgerüstet wurde. Außerdem wurde ab 2016 die Sondereinheit 2245 gegründet. (62)

In Kyjiw wurde 2014 mit der ukrainischen Spionageabwehr SBU-Generalleutnant Walerij Kondratjuk betraut, einem früheren Offizier des Militärgeheimdienstes, der bis zum 15. Oktober 2016 im Amt blieb. Er baute das sogenannte „Fifth Directorate“ aus jungen ukrainischen Geheimdienstlern auf, das u. a. hinter den feindlichen Linien, also in Russland selbst, Spionageoperationen durchführen sollte. Außerdem bauten auch die amerikanischen und britischen Nachrichtendienste in der Ukraine landesweit ein Agentennetz für unkonventionelle Kriegsführung auf. Dazu berichteten Adam Entous und Michael Schwirtz in der „New York Times“:

„Before the invasion, the C.I.A. and MI6 had trained their Ukrainian counterparts on recruiting sources, and building clandestine and partisan networks. In the southern Kherson region, which was occupied by Russia in the first weeks of the war, those partisan networks sprang into action, according to General Kondratiuk, assassinating local collaborators and helping Ukrainian forces target Russian positions.“

Und:

„Now these intelligence networks are more important than ever, as Russia is on the offensive and Ukraine is more dependent on sabotage and long-range missile strikes that require spies far behind enemy lines.“ (63)

Am 11. Februar 2022 erklärte die U.S.-Regierung, nach ihren Informationen wollen die Russen am 16. Februar angreifen und irrte sich damit nur um eine Woche. (64) Mitte Februar 2022 informierte die CIA die ukrainischen Stellen darüber, dass die Russen bei Kriegsbeginn den strategisch wichtigen Flughafen Hostomel durch ihre Fallschirmjäger erobern wollten. (65) Am 3. März 2022 übergab die U.S.-Regierung den Ukrainern eine präzisen Überblick über die russischen Planungen für die folgenden zwei Wochen in Mariupol, Odessa, etc.. (66) Wiederholt reiste CIA-Direktor William Joseph Burns in die Ukraine, um auf höchster Ebene Geheiminformationen auszutauschen.

Die U.S.-Operationsplaner gehen dabei von einem Gesamtverteidigungskonzept aus, dass als „Resistance Operating Concept“ (ROC) bezeichnet wird und der Zivilbevölkerung eine aktive Rolle in der Kriegsplanung zuweist. Das Konzept wurde von der U.S. Army ab 2013 entwickelt und im Januar 2917 eingeführt. Förderung von Nationalismus, Aufbau von Freiwilligenverbänden, strategische Kommunikation, Sabotageaktionen im Hinterland des Feindes und Terroranschläge auf Kollaborateure stehen im Einklang mit dem Konzept. (67)

Das Konzept wurde ursprünglich vom Special Operations Command Europe in Stuttgart-Vaihingen (Patch Barracks) mit Unterstützung durch das schwedische und baltische Militär entwickelt. Zu seinen Entwicklern gehörten insbesondere Generalmajor Michael S. Repass, Oberst a. D. Dr. Otto C. Fiala and Oberst Dr. Kevin D. Stringer. Der frühere Kommandeur des SOCEUR, General Kirk William Smith, beschrieb es 2020 so:

„The concept of resistance is not limited to Europe, but applies when sovereign nations are threatened by other nations. Today’s threats are not limited to conventional incursions by uniformed military forces. As witnessed recently in Crimea and other parts of the Ukraine, proxy forces can be used by nations to threaten sovereignty and territorial integrity, challenging our traditional understanding of invasion by a foreign power. This is hybrid warfare, especially when the hostile power tries to mask its intentions. When a nation loses control of territory, resistance is applicable. (…)

Starting now, threatened nations must formulate transparent national legal frameworks and policies which establish organized and controlled resistance capability. Resistance planning must involve not only the military, but government agencies and ministries at the national and local levels. It must also involve nongovernmental elements of society; the nation as a whole must plan for and be involved in various aspects of its defense. Resistance planning must also include a framework for reestablishing sovereignty when occupiers have been repelled. Potential adversaries must be put on notice that they will not succeed; they will be ousted.

When national resistance planning is integrated with allies and partners committed to the ideals of national sovereignty, territorial integrity, and self-determination, it can become a powerful message against a potential adversary. It places a potential adversary on notice that it cannot violate a nation’s territorial integrity and attempt to establish a new status quo. The nation encroached upon will not accept defeat. Rule of law will prevail. National independence and autonomy will prevail.“

Die britischen Nachrichtendienste verbreiteten bereits im Januar 2022 die (Falsch-)Meldung, die Russen wollten Jewhenij Murajew, einen Abgeordneten der „Oppositionsplattform – Für das Leben“ als neuen Regierungschef in Kyjiw einsetzen; da die russische Regierung gegen Murajew ein Einreiseverbot ausgesprochen hatte, wurde diese Meldung mit Misstrauen aufgenommen.

In Frankreich kam der Militärgeheimdienst zu dem Ergebnis, dass es zu keinem russischen Angriff auf die Ukraine kommen werde. Aufgrund dieser eklatanten Fehleinschätzung wurde der Chef der Direction du Renseignement militaire (DRM), Generalleutnant Éric Vidaud, nach kurzer Amtszeit am 13. April 2022 entlassen und durch Generalleutnant Jacques Langlade de Montgros ersetzt. In den Medien war danach von einer „schlechten Analyse“ („mauvaise analyse“) und einer „mangelnden Beherrschung des Themas“ („manque de maîtrise du sujet“) die Rede. Generalstabschef General Thierry Burkhard erklärte zur Begründung des Geheimdienstversagens: „Unsere Dienste waren überzeugt, dass die Eroberung der Ukraine enorme Kosten verursachen würde, und dass die Russen andere Optionen hätte.“ (68)

Außerdem wurde bekannt, dass beim deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) die Helden der Unkenntnis von irgendwelchen Kriegsvorbereitungen bis zum 24. Februar 2022 nichts mitbekommen hatten. Bleibt die Frage, warum die NATO in den fünf Monaten zwischen Oktober 2021 und Februar 2022 nichts Entscheidendes unternahm, um den russischen Angriff zu verhindern, sondern sich in „appeasement“ erschöpfte. Das Versagen der Nachrichtendienste und der Politik im Vorfeld des Krieges erinnert an das Versagen der Diplomaten vor dem Ersten Weltkrieg.

 

Quellen:

(1) Fritsch, Rüdiger, von: Russlands Weg – Als Botschafter in Moskau, Berlin,    
 2020, S. 91

(2) http://en.kremlin.ru/events/president/transcripts/21598

(3) https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/spahns-spitzwege/     
warum-schon-so-viele-russische-generaele-gefallen-sind/

(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Juri_Walentinowitsch_Kowaltschuk

(5) Riehle, Kevin P.: „The Russian FSB – A concise History of the
Federal Security Service, Georgetown University Press, USA, 2024, S. 45ff

(6) https://pulitzercenter.org/stories/how-putin-decided-go-war

(7) https://www.fr.de/politik/russland-wladimir-putin-spionage-       
ausland-schattenarmee-soldatow-fsb-doi-kgb-ukoi-gru-svr-90948829.html

(8) https://evocation.info/en/finesmen-from-fsb/

(9) https://www.pravda.com.ua/eng/articles/2023/03/13/7393096/

(10) https://manipulyator.in.ua/interesno/item/92353-fsb-s-fifth-     
service-chief-s-family-is-hiding-assets-worth-hundreds-of-millions

(11) https://theins.ru/en/news/256190

(12) https://evocation.info/en/finesmen-from-fsb/

(13) https://evocation.info/en/finesmen-from-fsb/

(14) https://theins.ru/en/news/256190

(15) https://theins.ru/en/news/256190

(16) https://evocation.info/en/finesmen-from-fsb/

(17) https://politik.watson.de/international/russland/842739681-russland- 
putins-geheimagent-soll-direkten-einfluss-auf-afd-nehmen

(18) https://www.gov.uk/government/publications/russias-fsb-      
malign-cyber-activity-factsheet/russias-fsb-malign-activity-factsheet

(19) https://www.gesetze.li/konso/2022045000/?version=58

(20) https://www.washingtonpost.com/world/interactive/2022/russia-fsb- 
intelligence-ukraine-war/

(21) https://www.pravda.com.ua/eng/articles/2023/03/13/7393096/

(22) https://static.rusi.org/202303-SR-Unconventional-Operations-Russo-          
Ukrainian-War-web-final.pdf.pdf

(23) https://odessa-journal.com/public/index.php/bellingcat-investigator-  
the-war-against-ukraine-was-prepared-by-120-officers-from-the-fifth-service-     
of-the-fsb-40-from-the-gru

(24) https://static.rusi.org/202303-SR-Unconventional-Operations-Russo-          
Ukrainian-War-web-final.pdf.pdf

(25) https://gur.gov.ua/content/sotrudnyky-fsb-rossyy-uchastvuiushchye 
-v-prestupnoi-deiatelnosty-stranyahressora-na-terrytoryy-evropy.html

(26) https://en.wikipedia.org/wiki/Andrii_Derkach

(27) https://de.wikipedia.org/wiki/Dnipropetrowsker_Klan

(28) https://www.abc.net.au/news/2023-02-03/mystery-over-killing-         
ukrainian-spy-denys-kireyev/101915844

(29) https://en.wikipedia.org/wiki/Russian_spies_in_the_Russo-Ukrainian_        
War#cite_note-116

(30) https://de.wikipedia.org/wiki/Illja_Kywa#:~:text=Illja%20Wolodymy   
rowytsch%20Kywa%20(ukrainisch%20%D0%86%D0%BB%D0%BB%D1          
%8F,ehemaliger%20Abgeordneter%20der%20Werchowna%20Rada.

(31) https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/er-gab-selenskyj-die-        
schuld-am-krieg-ueberlaeufer-kiwa-in-russland-getoetet-19366243.html

(32) https://www.washingtonpost.com/world/interactive/2022/russia-fsb- 
intelligence-ukraine-war/

(33) https://de.wikipedia.org/wiki/Wiktor_Medwedtschuk

(34) https://www.pravda.com.ua/eng/articles/2023/03/13/7393096/

(35) https://home.treasury.gov/news/press-releases/jy0562

(36) https://www.noek.info/nachrichten/osteuropa/ukraine/2688-ukraine- 
metropolit-der-uok-wird-schueren-von-religioesem-hass-vorgeworfen

(37) https://babel.ua/en/news/97165-the-prosecutor-s-office-will-seek-a- 
tougher-punishment-for-the-metropolitan-of-the-uoc-mp-ionafan-who-was-          
sentenced-to-5-years-in-prison

(38) https://www.thedefensepost.com/2022/03/09/russian-phones-hacked/         
#google_vignette

(39) https://www.agenzianova.com/en/news/Germany-trial-against          
-Russian-spy-in-intelligence-co-defendant-testifies-against-mole/

(40) https://www.kyivpost.com/videos/11982

(41) https://de.wikipedia.org/wiki/Sergei_Orestowitsch_Besseda

(42) https://en.wikipedia.org/wiki/Russian_spies_in_the_Russo-Ukrainian_        
War#cite_note-116

(43) https://informnapalm.org/at/fsb-agenten/

(44) https://www.thetimes.co.uk/article/spies-accused-of-betraying-         
putins-chechen-units-537fj6lnr

(45) https://static.rusi.org/202303-SR-Unconventional-Operations-Russo-          
Ukrainian-War-web-final.pdf.pdf

(46) https://english.nv.ua/nation/ukraine-s-sbu-exposed-a-network-of-     
fsb-agents-preparing-the-assassination-of-volodymyr-zelenskyy-50416307.html

(47) https://informnapalm.org/at/fsb-agenten/

(48) https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalgarde_(Russland)

(49) https://static.rusi.org/202303-SR-Unconventional-Operations-Russo
-Ukrainian-War-web-final.pdf.pdf

(50) https://www.rise.md/english/fsb-agents-in-charge-of-moldova/

(51) https://theins.ru/en/politics/268805

(52) https://ccl.org.ua/en/news/ria-novosti-has-clarified-russias-plans-     
vis-a-vis-ukraine-and-the-rest-of-the-free-world-in-a-program-like-article-
what-russia-should-do-with-ukraine-2/

(53) https://pulitzercenter.org/stories/how-putin-decided-go-war

(54) https://www.washingtonpost.com/national-security/2022/04/11/putin-
misjudged-ukraine-hubris-isolation/?twclid=11515321270019178496

(55) https://www.dailyrecord.co.uk/news/uk-world-news/leaked-   
russian-spy-report-whistleblower-26416023

(56) https://www.pressreader.com/germany/thuringische-landeszeitung- 
unstrut-hainich-kreis/20220423/281651078663554

(57) https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalgarde_(Russland)

(58) https://www.n-tv.de/politik/Bericht-Putin-laesst-Top-    
General-verhaften-article23205463.html

(59) https://www.kyivpost.com/videos/11982

(60) https://www.reuters.com/world/europe/ukraine-estimates-     
probability-major-escalation-with-russia-low-defence-minister-2022-02-18/

(61) https://re-russia.net/en/analytics/0118/

(62) https://www.nytimes.com/2024/02/25/world/europe/cia-ukraine-        
intelligence-russia-war.html

(63) https://www.nytimes.com/2024/02/25/world/europe/cia-ukraine-i       
ntelligence-russia-war.html

(64) https://www.politico.com/newsletters/national-security-daily/ 
2022/02/11/putin-could-attack-ukraine-on-feb-16-biden-told-allies-00008344

(65) https://www.washingtonpost.com/national-security/2023/01/19/        
cia-william-burns-zelensky-ukraine-russia/

(66) https://www.nytimes.com/2024/02/25/world/europe/cia-ukraine-        
intelligence-russia-war.html

(67) https://overton-magazin.de/krass-konkret/ukraine-hat-das-   
amerikanische-resistance-operating-concept-umgesetzt/

(68) https://www.n-tv.de/politik/Franzoesischer-     
Geheimdienstchef-gefeuert-article23238145.html

Nachtrag (23. Juni 2024): Nach Medienberichten ist General Besseda endgültig als Chef des "Fünften Dienstes" abgelöst und durch General Alexei Komkow, ersetzt worden. Komkow war früher leitender Mitarbeiter im "Vierten Dienst", der Abteilung für die Sicherheit in der Wirtschaft (Sluzhba ekonomicheskoy bezopasnosti - SEB), und zuletzt Vizechef der Abteilung für Spionageabwehr. Er gehört zur Seilschaft von General Sergej Korolkow, früherer Leiter des Internen Sicherheitsdienstes und danach SEB-Leiter und Stellvertretender Direktor des FSB. Korolkow gilt als mutmaßlichen Nachfolger von FSB-Direktor Bortnikow, der mittlerweile 72 Jahre alt ist. Besseda gilt fortan als "Berater" von Bortnikow, obwohl auch Besseda mit 70 Jahren das Rentenalter erreicht hat. Es heißt, dass innerhalb des FSB Machtkämpfen angesichts des erwarteten Führungswechsel toben. (https://www.n-tv.de/politik/Bericht-Putin-schasst-Geheimdienstgeneral-article25036087.html)