Militärforschung
  Bolton Hausdurchsuchung
 

Der Nationale Sicherheitsberater und sein Depp von einem Chef

23. August 2025

Gerhard Piper

John Robert Bolton diente im Kabinett I von John Donald Trump als National Security Advisor (NSA). Am 22. August 2025 durchsuchte das Federal Bureau of Investigations (FBI) das Privathaus der Boltons in Bethesda und seine Büroräume in Washington D. C.. Angeblich hätte er gegen Geheimschutzbestimmungen für den Umgang mit Geheimdokumenten verstoßen. Ein „Nationaler Sicherheitsberater“ als „Landesverräter“! Damit geht die Dauerfehde zwischen dem Präsidenten und seinem Ex-Sicherheitsberater in eine weitere Runde.

National Security Advisor (NSA)

Der National Security Advisor (NSA) ist einer der wichtigsten Präsidentenberater im Weißen Haus, schließlich sind die USA eine Weltmacht und müssen auch so agieren.

In seiner Funktion leitet der Nationale Sicherheitsberater die Sitzungen des National Security Council (NSC), der 1947 als Clearingstelle für die U.S. Sicherheits- und Außenpolitik gegründet wurde. Historisch höchst bedeutende, aber auch umsterittene Strategiepapiere wurden von diesem Gremium erarbeitet und verabschiedet. Seine Entscheidungen wurden durch einen Stab von ca. 350 bis 430 Mitarbeitern vorbereitet. Nur ein kleiner Teil des National Security Staff arbeitete im Weißen Haus, sein Executive Secretariat und die Mehrzahl der Mitarbeiter arbeiteten im Eisenhower Executive Office Building (EEOB).

Der Präsident und sein Sicherheitsberater

Normalerweise besteht zwischen dem Präsidenten und seinem Sicherheitsberater ein sehr enges Vertrauensverhältnis, so dauert die jeweilige Amtszeit vom Amtsantritt am 20. Januar bis zum Amtsende am 20. Januar vier Jahre später. Aber was ist bei Donald Trump schon „normal“? Während seiner ersten Amtszeit vom 20.1.2017 bis zum 201.2020 „verbrauchte“ Trump gleich sechs Sicherheitsberater. U. S. Rekord!

Die Amtsinhaber waren:

Generalleutnant Michael Thomas Flynn (20.1.2017 – 13.2.2017)  
Generalleutnant a. D. Joseph Keith Kellogg Jr. (kommissarisch, 13.2.2017 – 20.2.2017)
Generalleutnant Herbert Raymond McMaster (20.2.2017 – 9.4.2018)      
John Robert Bolton (9.4.2018 – 10.9.2019)                                
Charlie Martin Kupperman (kommissarisch, 10.9.2019 – 18.9.2019)        
Robert Charles O´Brien (18.9.2019 – 20.1.2021)

In der Wahl seiner Sicherheitsberater hatte Trump – wie in allen anderen Personalfragen - kein gutes Händchen. Seine erste Wahl fiel auf Generalleutnant Michael Thomas Flynn, den früheren Chef des U.S. Militärgeheimdienstes Defense Intelligence Agency (DIA) (Amtszeit als DIA-Direktor: 24.7.2012 – 2.8.2014). Zwar hatte Barack Obama Trump vor Flynn gewarnt, aber dieser stellte ihn trotzdem ein. Am 22. Januar 2017 wurde Flynn vorrübergehend Nationaler Sicherheitsberater. Flynns Führungsfähigkeiten als Geheimdienstchef und Analytiker waren umstritten, so galt Flynn gilt als Anhänger von „Verschwörungstheorien“, die Rede war von den sogenannten „Flynnt facts“. Außerdem unterhielt er zu den Russen fragwürdige Kontakte. Am 24. Januar 2017 machte Flynn gegenüber dem FBI – an Eides statt - falsche Angaben bzgl. eines Telefonats mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak, was nach US-Gesetzen ein Verbrechen darstellt. Einen Monat nach seinem Amtsantritt musste der amerikanische Ex.-Geheimdienstchef mit den allzu freundlichen Russlandkontakten gehen.

Flynns Nachfolger als NSA wurde vorübergehend Generalleutnant a. D. Joseph Keith Kellogg Jr., der – als einziger General im Weißen Haus - bis zum Ende der Amtszeit durchhielt, weil er in seiner Hauptfunktion nicht Trump, sondern dem Vizepräsidenten Michael „Mike“ Pence als Sicherheitsberater (Amtszeit: April 2018 - 20.1.2021). Aber auch Kellogg war keine große Hilfe.

Im Dezember 2021 beriet sich ex-Präsident Trump mit Kellogg über die Ukraine-Krise:

„„Es kursieren eine Menge Gerüchte, dass Putin vorhat loszuschlagen, sagte Trump. „Warum sollte er das tun?“

„Wenn Sie die Wahrheit wissen möchten, Sir“, antwortete Kellogg, „weil er Schwäche wittert. Er nimmt beim Präsidenten eine Entscheidungsschwäche wahr, die auf die Ereignisse in Afghanistan zurückgeht.“

„Verdammtes Desaster“, sagte Trump und meinte den chaotischen Rückzug durch die Biden-Regierung. „Das war wirklich beschissen. (…) Ja, das war wirklich beschissen“, wiederholte Trump. „Biden hat uns in die Scheiße geritten. Er ist ein schwacher Präsident.“

„Glauben Sie, er marschiert ein?“ wollte Trump über Putin wissen.

„Nein, das wird er nicht tun“, sagte Kellogg. „Ich glaube nicht, dass er oder das Militär das vorhaben. Dafür sind sie nicht richtig aufgestellt. Das erfordert größere Anstrengungen.“ Kellogg war überzeugt, dass die Russen für eine Invasion in die Ukraine nicht genug gerüstet waren.

„Okay, okay,“ sagte Trump.“ (1)

Zwischen Trumps erster und zweiter Präsidentschaft konzipierten dann Keith Kellogg und der frühere CIA-Analytiker Frederick H. „Fred“ Fleitz Jr., beide Mitarbeiter des America First Policy Institute (AFPI), einen „Plan“ zur Beendigung des Russland-Ukraine-Krieges. Der Plan sieht ein Einfrieren des Konflikts durch einen Waffenstillstand vor, zu dem die U.S.-Regierung durch Druck drängen will. Dies ist bisher daran gescheitert, dass Putin kein Interesse an einem solchen Waffenstillstand hat. (2)

Kelloggs Nachfolger wurde Generalleutnant Herbert Raymond („H.R.“) McMaster. Er sah seine Aufgabe darin, Trump zu beraten und ihm verschiedene Handlungsoptionen aufzuzeigen, was daran scheiterte, dass sich Trump weitgehend als beratungsresistent erwies. Nachdem McMaster mehrere Mitarbeiter des National Security Council NSC) gefeuert hatte, startete Stephen Kevin Bannon eine „smear campaign“ gegen ihn, in die auch die russischen Geheimdienste einstimmten. Dazu berichtete „Wikipedia“: „The Russian intelligence services used internet bots and trolls to campaign to get McMaster out. The anti-McMaster campaign prompted dismissive responses by administration officials, and a statement from Trump affirming his confidence in McMaster.“ (3)

Am 17. Februar 2018 verärgerte McMaster seinen damaligen Chef dadurch, dass er auf der Münchner Sicherheitskonferenz erklärte, die Behauptung, die Russen hätten die Präsidentschaftswahl 2016 manipuliert, sei richtig: „As you can see with FBI indictment, the evidence is incontrovertible and available in the public domain. (…) Whereas in the past it was difficult to attribute … now this is in the arena of law enforcement investigation, it’s going to be very apparent to everyone.” (4) Zwei Monate später wurde er von Trump gefeuert und durch John Robert Bolton ersetzt.

John Robert Bolton ist für drei Dinge bekannt: Seine Kompetenz, seinen Schnäuzer und eine gewisse, selbstgefällige Arroganz. Als Nationaler Sicherheitsberater lieferte sich Bolton einen Kleinkrieg mit Verteidigungsminister General a. D. James Norman „Jim“ Mattis (Amtszeit: 20.1.2017 - 1.1.2019), einem alten, versnobten Militaristen.

Während und nach seiner Amtszeit machte Bolton vor allem durch seine kritischen Zweifel an der Amtsführung und Amtsfähigkeit Trumps Schlagzeilen, die er in seinen Memoiren „The Room Where It Happened: A White House Memoir“ (dt.: „Der Raum, in dem alles geschah – Aufzeichnungen des ehemaligen Sicherheitsberaters im Weißen Haus“) 2020 ausgiebig ausbreitete:

Bolton berichtete über den infantilen Charakter des Präsidenten:

„Charles Krauthammer (neokonservativer U.S.-Publizist, der am 21. Juni 2018 verstarb, G. P.), ein scharfer Kritiker Trumps, sagte mir, dass es falsch von ihm gewesen sei, Trumps Verhalten einmal als das eines elfjährigen Jungen bezeichnet zu haben. „Ich lag um zehn Jahre daneben“, bemerkte Krauthammer. „Er ist wie ein Einjähriger. Alles wird durch das Prisma gesehen, ob es Donald Trump nützt.“ (5)

John Bolton sah auch die „instinktgeleitete“ Sicherheitspolitik skeptisch. Er konstatierte „Anarchie im Oval Office“:

„Trump ist Trump. Mir ist klar geworden, dass er glaubte, er könne durch reine Instinkt-Entscheidungen die Exekutive leiten und die nationale Sicherheitspolitik festlegen, und indem er sich auf persönliche Beziehungen zu ausländischen Staatsoberhäuptern verlässt, wobei seine auf das Fernsehen ausgelegte Selbstdarstellung immer im Vordergrund steht. Nun gehören Instinkt, persönliche Beziehungen und Selbstdarstellung zum Repertoire eines jeden Präsidenten. Aber sie sind eben nicht alles, bei weitem nicht. Analyse, Planung, intellektuelle Disziplin und Genauigkeit, Auswertung von Ergebnissen, Kurskorrekturen und dergleichen sind die Grundlagen für die Entscheidungsfindung eines Präsidenten, die weniger glanzvolle Seite dieses Jobs. Äußerlichkeiten sind nur ein Teil des Ganzen.

In institutioneller Hinsicht ist es daher unbestreitbar, dass Trumps Präsidentschaftsübergang und Eröffnungsjahr (und etwas darüber hinaus) unwiderruflich verpfuscht worden sind. Vorgänge, die sofort in Fleisch und Blut hätten übergehen sollen, insbesondere für die vielen Trump-Berater, die zuvor nicht einmal als Nachwuchsführungskräfte tätig gewesen waren, haben nie stattgefunden. Trump und die meisten seiner Mitarbeiter haben nie das „Bedienungshandbuch“ der Regierung gelesen, wobei ihnen vielleicht nicht klar war, dass sie dadurch nicht automatisch zu Angehörigen des „deep state“ werden würden.“ (6)

Entsprechend konstatierte Bolton, dass Trump „nicht die Disziplin besitzt, die sein Amt erfordert“.

Insbesondere kritisierte Bolton Trumps Politik gegenüber der Ukraine. Nach dem Amtsantritt von Wolodymir Oleksandrowytsch Selenskyj am 20. Mai 2019 wurden die diesbezüglichen Diskussionen im Weißen Haus immer irrationaler:

„Es wurde auch immer deutlicher, nicht nur für mich, sondern auch für andere, darunter Fiona Hill, die leitende Direktorin des NSC für Europa und Russland, dass Trump Giulianis Linie (gemeint ist Präsidentenberater Rudolf William Louis „Rudy“ Giuliani III, G. P.) die von innenpolitischen Gegnern der USA erfundene Erzählung der „Russland-Kollusion“ sei über die Ukraine gelaufen, voll und ganz akzeptierte. Mit anderen Worten, Trump nahm die Idee an, dass die Ukraine tatsächlich für die Durchführung von Moskaus Bemühungen, die US-Wahlen zu hacken, verantwortlich war. (…)

„Ich will mit der Ukraine verdammt noch mal nichts zu tun haben“, sagte Trump laut Kupperman (Charles Martin Kupperman, von Januar bis September 2019 Stellvertretender National Security Advisor, G. P.). „Sie haben mich verdammt noch mal angegriffen. Ich kann nicht verstehen, warum. Fragen Sie Joe diGenova, er weiß alles darüber. Die haben versucht, mich zu verarschen. Die sind korrupt. Ich lege mich nicht mit ihnen an.“ (…)

Volker (gemeint ist der Sondergesandte für die Ukraine Kurt Douglas Volker, G. P.) versuchte zu intervenieren, um etwas Sachdienliches zur Ukraine zu sagen, und Trump antwortete: „Das ist mir scheißegal. (…) Die Ukraine hat versucht, mich zu Fall zu bringen. Ich bin verdammt noch mal nicht daran interessiert, ihnen zu helfen.“ (7)

Beim NATO-Gipfel am 11./12. Juli 2017 in Brüssel wollte Trump „spontan“ aus der NATO austreten, Bolton konnte Trump quasi in letzter Minute davon abhalten:

„Am Mittwochmorgen (12. Juli 2017, G. P.) ging ich vor dem Frühstück mit Stoltenberg (gemeint ist Jens Stoltenberg, Generalsekretär der NATO, G. P.) und seinen Beratern zur Vorbesprechung mit Trump. Dieser betrat einen kleinen Speisesaal im zweiten Stock der Residenz, wo Mattis, Pompeo, Kelly, Hutchison und ich warteten, und sagte: „Ich weiß, dass ich in diesem Raum nicht viel Unterstützung habe.“ Dann fuhr er fort, die NATO in Stücke zu reißen. Es war nicht gerade ein Briefing. Stoltenberg traf ein, die Presse betrat den Frühstücksraum und Trump konnte sich nicht mehr im Zaun halten. „Viele (NATO-Verbündete) schulden uns eine ungeheure Menge Geld. Das geht schon seit Jahrzehnten so.“ Stoltenberg erwähnte den jährlichen Anstieg der Verteidigungsausgaben der NATO-Mitgliedsländer um fast 40 Milliarden Dollar seit Trumps Amtsantritt. Trump war jedoch nicht zu stoppen: „Es ist sehr traurig, wenn Deutschland ein massives Öl- und Gasgeschäft mit Russland macht. Wir schützen all diese Länder, und sie schließen ein solches Geschäft ab. Wir sollen sie schützen und doch zahlen sie all dieses Geld an Russland. Deutschland wird von den Russen vollständig kontrolliert. Deutschland zahlt etwas mehr als ein Prozent, wir zahlen über vier Prozent. Das geht schon seit Jahrzehnten so … Wir werden etwas tun müssen, denn wir werden uns das nicht gefallen lassen. Deutschland wird von Russland gefangen genommen.“ (…)

An dieser Stelle wandte sich Mattis zu mir und sagte leise: „Das wird langsam ziemlich albern.“ Kurz darauf bemerkte Trump, er habe General Mattis gesagt, er solle nicht mehr für die NATO ausgeben. (…)

Ich verließ das Hotel am Donnerstagmorgen um 7.45 Uhr, um mich mit Trump zu treffen, (…) „Wir haben großen Respekt vor der NATO, aber wir werden ungerecht behandelt. Bis zum ersten Januar müssen sich alle Nationen zu zwei Prozent verpflichten, und wir werden Zahlungsrückstände verzeihen, oder wir werden aussteigen und diejenigen, die das nicht getan haben, nicht verteidigen. Solange wir mit Russland nicht zurechtkommen, werden wir nicht in eine NATO eintreten, in der die NATO-Staaten Milliarden an Russland zahlen. Wir sind raus, wenn sie das Pipeline-Geschäft machen.“ (…)

Trump betrat den Raum um halb neun und fragte: „Haben Sie Lust, etwas Historisches zu tun?“ Dann wiederholte er, was er zuvor gesagt hatte: „Wir sind raus. Wir werden nicht gegen jemanden kämpfen, den sie bezahlen.“ Dann erwähnte er, dass er Hutchison (Kathrin Ann Bailey „Kay“ Hutchison, U.S.-Botschafterin bei der NATO, G. P.) beim Abendessen nicht dabeihaben wollte. „Sie hätten gestern beim Abendessen dabei sein sollen“, bemerkte er zu mir. „Ich möchte draußen sagen, dass wir gehen, weil wir sehr unglücklich sind“, fuhr er fort, wandte sich an Pompeo und trug ihm auf: „Ich möchte, dass Sie das hinbekommen.“ (...)

Trump winkte mich zu sich und fragte: „Werden wir es tun?“ Ich drängte ihn, es nicht zu tun, und sagte, er solle straffällige Mitglieder dafür bestrafen, dass sie nicht ausreichend für die Verteidigung ausgeben, aber nicht mit einem Rückzug oder einer Kürzung der US-Finanzierung drohen. „Also gehen Sie auf die Linie zu, aber überschreiten Sie sie nicht“, beendete ich meinen Vorschlag. Trump nickte, sagte aber nichts. (…) Die USA hielten die NATO für wichtig, sagte Trump, aber sie sei wichtiger für Europa, das weit entfernt sei. (…)

Trotz der fassungslosen Reaktion im riesigen Tagungsraum des Nordatlantikrates hatte Trump gesagt, er unterstütze die NATO, was es schwer machte, seine Bemerkungen als eine direkte Drohung auszulegen, das Bündnis zu verlassen. (…)

Der Kanadier Trudeau (Justin Pierre James Trudeau, kanadischer Premierminister, G. P.) fragte, „Nun, John, wird das hier auch explodieren?“ Ich antwortete: „Es bleibt noch viel Zeit, was könnte schiefgehen“, und wir beide lachten. Ich gab Trump eine Notiz über die Kürzung der Ausgaben für den gemeinsamen Fonds, die er an Stoltenberg weitergab, der bleich wurde, als er sie sah.“ (8)

Am 10. September 2019 hatte Trump die permanente Kritik Boltons, so berechtigt sie auch war, satt. Er feuerte seinen dritten Sicherheitsberater. Am selben Tag übernahm Charlie Martin Kupperman für etwa eine Woche das Amt, bis schließlich mit Robert Charles O´Brien ein Nachfolger auf dem NSA-Schleudersitz gefunden wurde. Der sprach sich dafür aus, dass die U.S. Truppen aus der BRD nach Polen vorverlegt werden. Ansonsten konnte er keine außenpolitischen Akzente setzten und produzierte kaum Schlagzeilen.

Unter Trumps Nachfolger Joe Biden, wurde Jacob Jeremiah Jake Sullivan Nationaler Sicherheitsberater, der die ganze Legislaturperiode über im Amt blieb und damit für ein Mindestmaß an Stabilisierung der U.S. Sicherheitspolitik sorgte.

Mit Trumps zweitem Amtseintritt wurde Michael George Glen „Mike“ Waltz neuer Sicherheitsberater (Amtszeit: 20.1.2025 – 1.5.2025). Nach dem „Signalgate“-Skandal wurde Waltz auf den Posten des U.S.-U.N.-Botschafters weggelobt. Er hatte in einer offenen Chatgruppe über die (geplanten) U.S. Luftangriffe auf die Huthi-Rebellen im Jemen (Operation ROUGH RIDER) debattiert. Danach übernahm der blasse aber ehrgeizige Außenminister Marco Antonio Rubio – in Personalunion – die Funktion des National Security Advisor. Zwar gibt es noch zwei Stellvertretende Nationale Sicherheitsberater (Andrew Collison „Andy“ Baker und Collios Robert Gabriel Jr.), auch besitzt der einstmals renommierte National Security Council mit Brian Vaughan McCormack einen Stabschef, allerdings gilt der Sicherheitsrat gegenwärtig als politisches Auslaufmodell.

Ein rachsüchtiger Präsident

Trump gilt nicht nur als maligner Narzisst, er ist auch für seine Rachsucht bekannt. Leute, die ihm in seiner gottähnlichen Selbstherrlichkeit kritisierten, verfolgt er auch noch nach Jahren. Kritiker werfen Trump daher vor, er setze das Justizministerium und Ermittlungsbehörden gezielt gegen politische Widersacher ein. Zwar ist das Ausscheiden Boltons aus dem Amt des Nationalen Sicherheitsberaters schon sechs Jahre her, aber Trump will ihm seine permanente Kritik heimzahlen. Am 22. Januar 2025 entzog der Präsident per „Executive Order“ Bolton die Sicherheitsfreigabe zum Umgang mit Geheimdokumenten. Außerdem entzog er ihm den amtlichen Personenschutz durch den U.S Secret Service (USSS), obwohl die iranischen Revolutionsgarden Pasdaran seit der Ermordung des Kommandeurs ihrer Quds-Einheit, General Qasem Soleimani in Bagdad am 3./4. Januar 2020, bekanntlich Mordpläne gegen Bolton schmieden. Nach vier potentiellen Attentätern wird derzeit gefahndet, darunter Shahram Poursafi. (9)

Nun muss Bolton seinen Schutz aus eigener Tasche finanzieren, wie es schon zuvor dem früheren Generalstabschef General Mark Alexander Milley ergangen ist. Anfang August 2025 klagte Bolton: „Ich denke, er verfolgt mich und mehrere andere bereits, indem er uns den Schutz entzogen hat, den wir einst bekamen.“ (10)

Am 22. August 2025 durchsuchte das FBI das Privathaus der Boltons in Bethesda und seine Büroräume in Washington D. C.. Mindestens sechs Kisten mit Material wurden beschlagnahmt. Angeblich ging es um einen Verstoß gegen die Geheimschutzbestimmungen im Umgang mit Regierungsdokumenten – sechs Jahre nach seinen Ausscheiden aus dem Amt des Sicherheitsberaters bzw. fünf Jahre nach Erscheinen seiner Memoiren „Der Raum, in dem alles geschah“ (592 Seiten). Bolton hatte das Manuskript seinerzeit dem Weißen Haus zur Überprüfung vier Monate lang zur Verfügung gestellt und erst danach publiziert. (11)

Die „New York Times“ berichtete zur aktuellen Hausdurchsuchung:

„The information that provided the basis for the warrant to search Mr. Bolton’s home was based on intelligence collected overseas by the C.I.A., according to people briefed on the matter. John Ratcliffe, the C.I.A. director, provided limited access to the intelligence to Kash Patel, the F.B.I. director. The intelligence involved the possible mishandling of classified material by Mr. Bolton, the people said.

A senior federal law enforcement official with direct knowledge of the situation said the investigation involved accusations that Mr. Bolton had leaked sensitive national security information to the news media, and other parties, in an effort to damage Mr. Trump.

The investigation, the person emphasized, was not primarily focused on material Mr. Bolton gathered to write his highly unflattering 2020 account of life inside the first Trump White House, as had been previously believed. (…)

Judge Royce C. Lamberth of the U.S. District Court for the District of Columbia wrote that he was “persuaded that defendant Bolton likely jeopardized national security by disclosing classified information in violation of his nondisclosure agreement obligations.”

The judge added that Mr. Bolton “has gambled with the national security of the United States,” and suggested he could be charged criminally.“ (12)

Politisch verantwortlich für den Einsatz ist Präsident Trump, zuständig ist der FBI-Chef Chef Kashyap Pramod „Kash“ Patel, der sein Amt im März 2015 antrat. Seine Auswahl als zukünftiger FBI-Direktor durch Trump musste überraschen, da Patel als FBI-Gegner gilt. So schrieb er in seinem Buch „Government Gangsters – The Deep State, the Truth and the Battle for our Democracy“ im September 2023, das FBI bleibe „eine Bedrohung für das Volk, wenn nicht drastische Maßnahmen ergriffen werden“:

„Really, the Deep State is the politicization of core American institutions and the federal government apparatus y a significant number of high-level cultural leaders and officials, who acting through networks of networks, disregard objectivity, weaponize the law, spread disinformation, spurn fairness, or even violate their oaths of office for political and personal gain, all at the expense of equal justice and American national security. Within the government, they operate at the highest levels of almost every agency, from the Federal Bureau of Investigation (FBI) to the intelligence community to the Department of Defense (DoD). In many ways, this bureaucratic wing ot the Deep State is the most dangerous.“

Jetzt rechtfertigte Patel seinen abenteuerlichen „Deep State“-Einsatz gegen Bolton auf „X“ mit folgenden Worten: „Niemand steht über dem Gesetz... FBI-Agenten im Einsatz.“ (13) Einen direkten Zusammenhang zu dem Ex-Sicherheitsberater stellte er jedoch nicht her.

Patel Stellvertreter ist seit dem 17. März 2025 Daniel John „Dan“ Bongino, ein ehemaliger Polizeibeamter aus New York und Agent des Secret Service. Auch er gilt als „Verschwörungstheoretiker“, der meint, das FBI sei „irredeembal corrupt“ und ein Teil des „deep state“. Anlässlich der Hausdurchsuchung bei den Boltons faselte er: „Öffentliche Korruption wird nicht toleriert.“ (14) Offiziell wurde gegen Bolton bisher keine Anklage erhoben.

Die Informationen, die zu der Razzia bei den Boltons führten, sollen vom Direktor der des Auslandsnachrichtendienstes CIA, John Lee Ratcliffe, stammen. Ratcliffe war texanischer Landespolitiker und wirkte in der zweiten Jahreshälfte 2020 als Director of National Intelligence (Amtszeit: 20.5.2020 – 20.1.2021), galt gemeinhin aber als Fehlbesetzung, da er über keine nennenswerten Erfahrungen im Intelligence-Bereich verfügte. Der Journalist Craig Unger urteilte damals:

„Loyalty replaced expertise throughout the entire administration. That was nowhere truer than in the intelligence sector, where Ratcliffe was appointed director of national intelligence, overseeing the CIA and sixteen other intelligence agencies, and became widely known as the least qualified director of national intelligence in history.“ (15)

So ließ Ratcliffe während seiner Amtszeit als DNI Dokumente freigeben, bei denen es sich nach Einschätzung von Experten um russisches Desinformationsmaterial handelte. Dennoch holte ihn Trump nach seiner Wiederwahl zurück und ernannte ihn am 23. Januar 2025 zum Direktor der Central Intelligence Agency (D/CIA). Gemäß seiner Personalplanung sollen über 1.000 CIA-Agenten vor allem im Counterintelligence-Bereich eingespart werden. Nun bleibt abzuwarten, worin der unterstellte Landesverrat besteht und was darüber öffentlich bekannt werden wird.

Der frühere Oberbefehlshaber der US-Armee in Europa (CINCUSAREUR), General Frederick Benjamin „Ben“ Hodges, jedenfalls kritisierte die Hausdurchsuchung: „Das ist ein gefährlicher Schritt, die Trump-Regierung führt uns in den Faschismus.“ (16)

Negatives Vorbild Trump

Mit einem leichtfertigen Umgang mit Geheimdokumenten kennt Trump sich bestens aus: Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt am 20. Januar 2021 hatte Trump zahlreiche Geheimakten mitgehen lassen. Anschließend wurden die Dokumente in der Garage und im Badezimmer seines Privatanwesens in Mar-a-Lago ungesichert gebunkert, wo sie nicht hingehörten, da dies einen Verstoß gegen das „Espionage Act“ bedeutete.

Nach monatelangen Gesprächen zwischen dem Nationalarchiv (National Archives and Record Administration - NARA) und Trumps Anwalt Alex Cannon wurden am 19. Januar 2022 15 Kisten mit Dokumenten aus Mar-a-Lago widerwillig an das Nationalarchiv übergeben. Es wurden 184 Dokumente mit Geheimhaltungsmarkierungen gefunden. Darunter waren auch Dokumente der Geheimstufe „Top Secret: Special Access Program“. Diese Bezeichnung ist normalerweise für äußerst sensible Auslandsoperationen oder spezielle Technologien und Fähigkeiten der US-Dienste vorbehalten. Unter den Staatspapieren befanden sich sensitive Nukleardokumente, auch Material bzgl. der britischen Royal Navy wurde in Mar-a-Lago gebunkert. Anwalt Cannon warnte Trump: „Wenn wir nicht alle Dokumente zurückgeben, kommt das FBI und holt sie.“ Daraufhin antwortete Trump großspurig: „das sollen die mal versuchen.“ (17)

Das Nationalarchiv informierte im Februar 2022 das Justizministerium über das Auffinden von geheimen Dokumenten in den zurückgegebenen Akten. Am 8. August 2022 durchsuchten FBI-Agenten Trumps Räumlichkeiten in Mar-a-Lago. Die FBI-Agenten beschlagnahmten insgesamt 33 Kisten Material mit 11.000 geheimgehaltene Regierungsdokumenten, davon waren 18 Papieree mit der höchsten Geheimhaltungsstufe „streng geheim/SCI“ (= Sensitive Compartmented Information) gekennzeichnet, 54 als „geheim“ und 31 als „vertraulich“ eingestuft. Das beschlagnahmte Material umfasste neben den Dokumenten auch Fotos und handschriftliche Notizen. Außerdem wurden 90 leere Aktenordner sichergestellt, von denen 48 mit dem Vermerk „geheime Verschlusssache“ gekennzeichnet waren. Warum die Ordner leer waren und ob Dokumente fehlen, ist unklar.

Bei der Unterschlagung der Dokumente handelte es sich um einen Verstoß u. a. gegen das Spionagegesetz in Tateinheit mit Strafvereitelung („obstruction of justice“), dafür drohte eine Haftstrafe von zehn Jahren. Am 18. November 2022 kündigte Justizminister Merrick Brian Garland an, er werde einen Sonderermittler, John Luman „Jack“ Smith, für Ermittlungen gegen Trump einsetzen. Daraufhin meinte der frühere Justizminister William „Bill“ Pelham Barr über Trump:

„Er ist erledigt. (…) Er ist in diesem Fall kein Opfer. Er lag völlig falsch mit seiner Ansicht, er habe das Recht gehabt, diese Dokumente zu behalten. Diese Dokumente gehören zum Geheimsten, was es in diesem Land gibt.“ (18)

Sonderermittler Smith klagte Trump, seinen Leibwächter Waltine Torre „Walt“ Nauta Jr. und seinen Verwalter Carlos de Oliveira am 8. Juni 2023 wegen des illegalen Umgangs mit offiziellen (Geheim-)Unterlagen an. (19) Die Anklageverlesung erfolgte am 13. Juni 2023. Trump ist somit der erste (ehemalige) US-Präsident, der vor einem amerikanischen Bundesgericht angeklagt wurde. Die zuständige, von Trump 2020 selbst nominierte Bundesrichterin Aileen Mercedes Cannon vom District Court for the Southern District of Florida, stellte das Verfahren (insgesamt 37 Anklagepunkte) am 15. Juli 2024 ein, weil die Ernennung des Sonderermittlers angeblich unrechtmäßig erfolgt sei. Jack Smith stellte am 27. August 2024 zunächst einen Berufungsantrag. Nach der Wiederwahl von Trump erklärte Smith, dass er seinen Berufungsantrag ruhen lassen wolle, und trat am 12. Januar 2025 zurück. (20)

Auch Smith sieht sich derzeit Repressalien von Seiten der Regierung ausgesetzt. Das Office of Special Counsel (OSC), das eigentlich dem Schutz von „Whistleblowern“ dient, leitete Ende Juli / Anfang August 2025 gegen ex-Staatsanwalt John Luman „Jack“ Smith ein Ermittlungsverfahren ein. Smith hatte gegen Trump in zwei Fällen ermittelt: Sturm auf das Kapitol und Mitnahme von Geheimpapieren. Auf Betreiben des republikanischen Senators Thomas Bryant „Tom“ Cotton, radikaler Vorsitzender des Senat Select Committee on Intelligence (SSCI), untersucht das OSC, ob Smith gegen das Bundesgesetz „Hatch Act“ verstoßen hat, das Bundesbeamten politische Aktivitäten vor einer Wahl und während ihrer Arbeitszeit untersagt. Staatsanwalt Smith, der gegen Trump wegen Verdachts der Wahlmanipulation 2020 ermittelt hatte, wurde von Cotton nun selbst beschuldigt, die Wahl von 2024 manipuliert zu haben: „Jack Smith’s legal actions were nothing more than a tool for the Biden and Harris campaigns. This isn’t just unethical, it is very likely illegal campaign activity from a public office. Let’s take a look at just how egregiously Smith used his DOJ (Department of Justice, G. P.) role to influence the election.“ (21) Worauf sich diese fingierte Anzeige stützt, wurde nicht bekannt. Trump hatte nach seiner Wiederwahl angekündigt, gegen seine Widersacher mit allen Mitteln vorzugehen. Allerdings kann das OSC nur Disziplinarmaßnahmen aber keine Strafanklage erheben. Sollte Smith verurteilt werden, droht ihm als Höchststrafe die Entlassung, was jedoch irrelevant wäre, da er selbst bereits im Januar 2025 seiner Entlassung durch Kündigung zuvorgekommen war. (22)

Quellen:

(1) Woodward, Bob: Krieg, München, 2024, S. 128

(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Keith_Kellogg#Milit%C3%A4rische_Laufbahn

(3) https://en.wikipedia.org/wiki/H._R._McMaster

(4) https://www.politico.eu/article/h-r-mcmaster-incontrovertible-evidence-of-russian-
interference-in-election/

(5) Bolton, John: Der Raum, in dem alles geschah – Aufzeichnungen des
ehemaligen Sicherheitsberaters im Weißen Haus, Berlin, 2020, S. 19

(6) ebd., S. 12ff

(7) ebd., S. 555

(8) ebd.,  S. 173ff

(9) https://www.fbi.gov/wanted/additional/shahram-poursafi/@@download.pdf

(10) https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/usa/id_100881748/john-bolton-
fbi-razzia-bei-donald-trumps-ex-berater.html

(11) https://taz.de/Ex-Sicherheitsberater-in-Buch-ueber-Trump/!5690065/

(12) https://www.nytimes.com/2025/08/22/us/politics/john-bolton-trump-home-fbi.html

(13) https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/bolton-durchsuchung-100.html

(14) https://taz.de/Razzia-bei-John-Bolton/!6108697/

(15) Unger, Craig: American Kompromat – How the KGB Cultivated Donald Trump, and Related Tales of Sex, Greed, Power, and Treachery, London, United Kingdom, 2021, S. 287

(16) https://www.blick.ch/meinung/kommentar-zur-razzia-bei-john-bolton-trumps-
machtdemonstration-id21163558.html

(17) Wolff, Michael: Alles oder Nichts – Donald Trumps Rückkehr an die Macht, München, 2025, S. 50

(18) Woodward, Bob: Krieg, München, 2024, S. 214

(19) https://cdn.prod.www.spiegel.de/media/d62818ba-dccf-4483-bcaf-6f4582d1856a/US_v_Trump_23_cr_257.pdf

(20) https://de.wikipedia.org/wiki/Anklage_gegen_Donald_Trump_wegen_des_Umgangs_
mit_offiziellen_Unterlagen

(21) https://x.com/SenTomCotton/status/1950616831397642291

(22) https://www.tagesspiegel.de/internationales/ex-sonderermittler-im-fokus-der-justiz-
us-behorde-ermittelt-gegen-fruheren-trump-strafverfolger-14125742.html